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Zeitschrift für Recht, Steuern und Wirtschaft
Verlag Recht und Wirtschaft
26.2010
65. Jahrgang // 21.6.2010 // Seiten 1545 – 1608
// DIE ERSTE SEITE
Dr. Martin Kock, RA/FAArbR
Gleichbehandlungsrecht: Fragen kostet nichts? I
// WIRTSCHAFTSRECHT
Dr. Kirsten Thiergart, RAin, und Dr. Klaus Olbertz, RA/FAArbR
Börsengang leicht gemacht? – Übernahme und
Verschmelzung eines Zielunternehmens auf die SPAC
in der Rechtsform der SE 1547
BGH: Kausalität von Prospektfehlern – zur Vermutung
aufklärungsrichtigen Verhaltens
BB-Kommentar von Karl Pörnbacher, RA, und
Dr. Philipp Massari, RA 1553
BGH: Schadenspauschalierungsklausel in AGB eines
Kraftfahrzeughändlers
BB-Kommentar von Dr. Patrick Ayad, RA, und Silke Hesse, RAin 1557
// STEUERRECHT
Christian Ebner, RA/StB, und Dr. Marcus Helios, RA/StB
Kritische Kommentierung ausgewählter Aspekte des
aktualisierten BMF-Schreibens zum InvStG vom
18.8.2009 (BStBl. I 2009, 931) unter Berücksichtigung
des Regierungsentwurfs für ein JStG 2010 – Teil 1 1565
Helmut König, WP/StB, und Michael Hanke, StB
Die Novellierung des § 4 Nr. 11b UStG im Rahmen
des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben
sowie zur ¾nderung steuerlicher Vorschriften –
eine steuerliche Hydra? 1578
BMF: Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner
(Anwendung des BFH-Urteils – I R 1/08 vom 4.3.2009)
BB-Kommentar von Dr. Marc P. Scheunemann, LL.M, RA/FAStR/StB,
und Dr. Heide Bauersfeld 1582
// BILANZRECHT & BETRIEBSWIRTSCHAFT
Michael Graser, Bettina C. Klüwer, RAin, und Dr. Anke Nestler
Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch
Standardisierung? 1587
BFH: Wertaufholungsgebot für frühere Teilwertabschreibungen
verfassungsgemäß
BB-Kommentar von Dr. Kurt Gratz, WP/StB 1592
// ARBEITSRECHT
Dr. Christian Rolf, RA, und Jochen Riechwald, RA
Personalabbau im kurzarbeitenden Betrieb 1597
Prof. Dr. Frank Hohmeister
BB-Rechtsprechungsreport zum Urlaubsrecht 2009 1599
Dr. Anke Freckmann, RAin/FAinArbR
BAT-Vergütung altersdiskriminierend? 1602
BAG: Abschluss eines Tarifvertrages bei Mehrheit von
Gewerkschaften
BB-Kommentar von Bettina Scharff, RAin 1604
// BERUFSPRAXIS: WEITERBILDUNG
Im Blickpunkt: Masterstudiengänge VI
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Dipl.-Kfm. Michael Graser, Bettina C. Klüwer, RAin, und Dr. Anke Nestler
Fairness Opinion nach IDW ES 8:
Mehrwert durch Standardisierung?
Anfang diesen Jahres hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutsch-
land e.V. (IDW) den Entwurf für den IDW-Standard „Grundsätze für die
Erstellung von Fairness Opinions (IDW ES 8)“ veröffentlicht und dazu
aufgerufen, ihn bis zum 30.6.2010 zu kommentieren. Der nach der end-
gültigen Verabschiedung für deutsche Wirtschaftsprüfer verpflichtende
Standard regelt, nach welchen Grundsätzen die finanzielle Angemessen-
heit von Transaktionspreisen durch Wirtschaftsprüfer zu beurteilen ist.
Das IDW hat somit erstmals einen Standardentwurf für einTätigkeitsfeld
herausgegeben, das traditionell durch Investmentbanken und Corpo-
rate-Finance-Berater geprägt ist. Dabei bekommt das Thema v.a. durch
die viel diskutierte Verschärfung der Managementhaftung neue Im-
pulse. In diesem Zusammenhang wird die Fairness Opinion vermehrt als
geeignetes Instrument zur Eingrenzung möglicher Haftungsrisiken ge-
nannt. Der Aufsatz gibt einen Überblick über den Inhalt des IDW-Stan-
dards und erörtert zudem, was eine Fairness Opinion nach IDW ES 8 im
Hinblick auf die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Vorständen
und Aufsichtsräten in der Praxis leisten kann.
I. Einleitung
Das Transaktionsgeschäft in Deutschland war in den letzten Jahren
international geprägt, so auch im Hinblick auf die Erstellung sog.
Fairness Opinions.
Eine Fairness Opinion ist grundsätzlich eine Stellungnahme eines
unabhängigen Dritten zur finanziellen Angemessenheit eines Trans-
aktionspreises im Rahmen einer geplanten unternehmerischen Initi-
ative.1
Sie ist keine Bewertung im eigentlichen Sinne und soll kei-
nen abschließenden Preis festsetzen. Ihre Funktion besteht aus-
schließlich darin zu beurteilen, ob eine konkrete Gegenleistung,
insbesondere für Unternehmensanteile und Vermögenswerte, inner-
halb einer Bandbreite von fairen Werten liegt. Auftraggeber einer
Fairness Opinion ist insbesondere die Gesellschaft, die Geschäftslei-
tung oder der Aufsichtsrat bzw. sonstige verantwortliche Gremien
einer Gesellschaft.
2009 hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.
(IDW) einen „Entwurf IDW Standard: Grundsätze für die Erstellung
von Fairness Opinions (IDW ES 8)“ entwickelt und Anfang des Jahres
2010 publiziert.2
Das IDW hat in dem Entwurf die Öffentlichkeit auf-
gefordert, bis zum 30.6.2010 ¾nderungs- und Ergänzungsvorschläge
einzureichen. Unabhängig davon hat der Standardentwurf in Litera-
tur und Praxis bislang noch wenig Resonanz gefunden.
Die Vorlage eines Standards durch das IDW ist nicht weiter über-
raschend. Wirtschaftsprüfer haben als Anbieter von Fairness Opini-
ons an Bedeutung gewonnen. So belegt eine Untersuchung publi-
zierter Übernahmeangebote mit den dort teilweise erwähnten Fair-
ness Opinion,3
dass Wirtschaftsprüfer ihren Marktanteil von 11%
(2008) auf 56% (2009) zu Lasten der Großbanken ausgeweitet ha-
ben.4
Gleichzeitig gab es für Wirtschaftsprüfer bis zur Veröffentli-
chung des Entwurfs keine eigenen und einheitlichen Richtlinien für
die Erstellung von Fairness Opinions. Die DVFA Expert Group
„Fairness Opinion“ hatte zwar im Jahr 2007 die „Grundsätze für
die Erstellung von Fairness Opinions“5
herausgegeben. Diese sind
aber als „Best Practise“-Standards ausgerichtet und beschränken ih-
ren Anwendungsbereich auf Stellungnahmen nach § 27 WpÜG.6
Der neue IDW-Standard hat hingegen ein wesentlich breiteres An-
wendungsfeld.
II. Rechtliche Rahmenbedingungen
Im internationalen Umfeld ergibt sich z.B. nach Rule 3.1 City Code,
dass in Transaktionen nach englischem Recht der Board der engli-
schen Zielgesellschaft verpflichtet ist, eine Stellungnahme eines sach-
kundigen Dritten zum abgegebenen Kaufangebot einzuholen. Eine
solche Verpflichtung gibt es nach deutschem Recht nicht.7
§ 27
WpÜG sieht lediglich vor, dass Vorstand und Aufsichtsrat einer Ziel-
gesellschaft eine begründete Stellungnahme zu einem Angebot abzu-
geben haben, wofür jedoch keine Fairness Opinion erforderlich wäre.
Der IDW ES 8 ist aus rechtlicher Sicht vielmehr in Verbindung mit
der Haftung von Organen einer juristischen Person zu sehen. Der
Vorstand haftet für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaf-
ten Geschäftsleiters bei der Ausübung seiner Tätigkeit (gemäß § 93
AktG). Bei entsprechender Anwendung auf den Aufsichtsrat (gemäß
§ 116 AktG) haftet dieser v.a. bei der Entscheidung über die Durch-
führung von Unternehmenstransaktionen und Restrukturierungen.
Diese Entscheidungen sind mit erheblichen Unsicherheiten für den
Vorstand bzw. Aufsichtsrat verbunden und können für diese Organe
eine Haftung gegenüber der Aktiengesellschaft selbst oder in wenigen
besonderen Ausnahmefällen gegenüber den Aktionären der Gesell-
schaft begründen.8
Die Rechtsprechung hatte bereits im Jahr 1997 eine Pflicht des Auf-
sichtsrats angenommen, Schadenersatzansprüche gegen Vorstands-
Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 1587
1 Zu unternehmerischen Initiativen zählen z. B. der Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Fusionen, Zufüh-
rungen von Eigen- und Fremdkapital, Sacheinlagen, Börsengänge oder Buy Outs.
2 Stand: 19.8.2009, WPg Supplement 1/2010, 112 ff., FN-IDW 1–2/2010, 20 ff.
3 Vgl. Aders/Schwetzler, Corporate Finance biz, 2010, 119.
4 Zu erklären ist diese Veränderung zum Teil auch durch den Rückgang an Übernahmeangeboten von 38
(2008) auf 17 (2009) und dem damit verbundenen Rückgang der Fairness Opinions. Während 2008 noch
in 19 Stellungnahmen nach § 27 WpÜG auf eine Fairness Opinion Bezug genommen wurde, waren es
2009 nur noch 9 Fälle. Hinzu kommt, dass es 2009 keine einzige Transaktion über 1 Mrd. Euro gab (Vor-
jahr: 7), welche häufig von Großbanken begutachtet werden.
5 Vgl. Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA): Grundsätze für Fairness
Opinions. in: DVFA Finanzschriften Nr. 07/2007.
6 Im November 2008 wurden die Grundsätze um Empfehlungen für Bietergesellschaften erweitert; vgl.
DVFA Grundsätze für Fairness Opinions, in: DVFA Finanzschriften Nr. 07/2008.
7 Vgl. Harbarth, in: Baums/Thoma (Hrsg.), WpÜG, Stand: 3. Erg.-Lfg. Nov. 2008, § 27, Rn. 72.
8 Grundsätzlich kennt das AktG nur eine Binnenhaftung der Organe gegenüber der AG. Eine Außenhaf-
tung der Organe gegenüber den Aktionären kommt z. B. in Betracht, wenn die Gläubiger keine Befriedi-
gung erlangen könnten (§ 93 Abs. 5 AktG) oder eine Verletzung von absoluten Rechtsgütern oder eines
Schutzgesetzes i. S. d. § 823 BGB vorliegen (z. B. § 92 Abs. 2 AktG: Zahlungsverbot bei Insolvenz, §§ 44 ff.
BörsG, §§ 37b, 37c WpHG [Emittentenhaftung], § 15a WpHG).
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung?
mitglieder wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht im Namen der AG
geltend zu machen.9
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Unter-
nehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom
22.9.2005 (UMAG) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit für (eine
Minderheit der) Aktionäre geschaffen, eine Geltendmachung im Na-
men der AG zu erzwingen.10
Der Gesetzgeber hat damit in erheb-
lichem Umfang die Rechte der Aktionäre bei der Durchsetzung von
Schadenersatzansprüchen gegen Organe gestärkt.
Um sich gegen dieses größere Risiko der Inanspruchnahme besser zu
schützen, kann es für ein Organ ggf. ratsam sein, die sachkundige
Stellungnahme eines Dritten einzuholen. Diese soll dokumentieren,
dass das Organ seine Entscheidungsgrundlage abgesichert hat und
sorgfältig vorgegangen ist. Inwieweit es durch Einholung einer Fair-
ness Opinion auf Basis des IDW ES 8 seiner Sorgfaltspflicht genügen
kann, wird in Abschnitt V diskutiert werden.
III. IDW ES 8 im Überblick
1. Zielsetzung des IDW
Der IDW-Standard IDW ES 8 legt die Grundsätze dar, nach denen
Wirtschaftsprüfer zur finanziellen Angemessenheit von Transaktionen
im Rahmen von unternehmerischen Initiativen Stellung nehmen sol-
len. Grundsätzlich soll die Veröffentlichung von IDW-Standards und
übrigen Verlautbarungen der einheitlichen und fachgerechten Berufs-
ausübung dienen. Mitglieder des IDW sind verpflichtet, im Rahmen
ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit die von den Fachausschüs-
sen des IDW abgegebenen Standards zu beachten.11
Durch die Verabschiedung des IDW ES 8 soll somit eine Leitlinie für
die Erstellung von Fairness Opinions gegeben werden, die für die
Mitglieder des IDW bindend ist. Für alle anderen Ersteller von Fair-
ness Opinions (z.B. Investmentbanken oder Corporate-Finance-Bera-
ter) kann der Standard lediglich Empfehlungscharakter haben.
2. Wesentliche Inhalte
a) Überblick
Der IDW ES 8 will die in Theorie und Praxis entwickelten Stand-
punkte in ein einheitliches Vorgehen für den Berufsstand der Wirt-
schaftsprüfer zusammenfassen. Der Standard ist – neben der Vorbe-
merkung – in fünf Abschnitte aufgeteilt:
– Begriffliche Grundlagen,
– Auftragsannahme und Auftragsinhalt,
– Auftragsdurchführung,
– Berichterstattung und Dokumentation,
– Besonderheiten bei der Erstellung von Fairness Opinions im Zu-
sammenhang mit Stellungnahmen nach § 27 WpÜG.
Als Anlage enthält der IDW ES 8 eine beispielhafte Formulierung ei-
nes Opinion Letters zur Information von Vorstand und Aufsichtsrat
des Zielunternehmens für eine Stellungnahme nach § 27 WpÜG.
b) Begriffliche Grundlagen
Gemäß der Definition in Tz. 5 des IDW ES 8 handelt es sich bei
einer Fairness Opinion um „… eine Stellungnahme eines Wirt-
schaftsprüfers zur finanziellen Angemessenheit eines Transaktions-
preises im Rahmen einer unternehmerischen Initiative“. Eine Ge-
genleistung ist dann finanziell angemessen, wenn sie innerhalb ei-
ner Bandbreite von vergleichbaren Transaktionspreisen liegt.12
Die
Feststellung in der Fairness Opinion muss sich auf einen Zeitpunkt
nahe an der Entscheidung über die Durchführung der Transaktion
beziehen.13
Wesentlich für die Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers ist die Definition
der Perspektive, aus der eine Stellungnahme abgegeben wird (Käufer
oder Verkäufer). Die Fairness Opinion soll dabei das Urteil eines un-
parteiischen Dritten zum Ausdruck bringen.14
c) Auftragsannahme und Auftragsinhalt
In dem Auftragsverhältnis zwischen Wirtschaftsprüfer und Auftragge-
ber besteht prinzipiell Vertragsfreiheit. Der Wirtschaftsprüfer wird
hier auch nicht im Rahmen einer sog. Vorbehaltsaufgabe15
oder als
Abschlussprüfer tätig. Das IDW will die Beauftragung für eine Fair-
ness Opinion für den Berufsstand weitgehend standardisieren.16
So
wird in dem IDW ES 8 stichwortartig aufgelistet, welche Gesichts-
punkte bei der Gestaltung des Auftragsverhältnisses beachtet werden
sollen, v.a. Anlass der Beauftragung, Festlegung des Gegenstands der
Beurteilung, Mitwirkungspflichten des Auftraggebers, Form und Um-
fang der Berichterstattung sowie Regelung zur Drittverwendung und
Weitergabebeschränkung.17
Ein wesentlicher Bestandteil des Auftrags soll die Abgrenzung der Tä-
tigkeit des Wirtschaftsprüfers sein. Insbesondere soll vereinbart wer-
den, was der Wirtschaftsprüfer nicht leisten wird:18
– Die der Fairness Opinion zugrunde liegenden Informationen und
Unterlagen sind weder geprüft noch prüferisch durchgesehen.
– Die Fairness Opinion ist keine Empfehlung zur wirtschaftlichen
Disposition im Zusammenhang mit der Transaktion.
– Die Fairness Opinion ist keine Beurteilung der Vollständigkeit und
Richtigkeit einer durch den Auftraggeber verfassten Stellungnahme.
d) Auftragsdurchführung
Die Hinweise im IDW ES 8 für die Auftragsdurchführung gehen auf
die Informationsgrundlagen, den anzulegenden Wertmaßstab und auf
die methodische Vorgehensweise einer Fairness Opinion ein.
Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob die Fairness Opinion für
den Erwerbsfall oder den Veräußerungsfall erstellt wird. Dies ist
wichtig für den Umfang der Informationsbasis. So ist im Erwerbs-
fall der Zugang zu Unternehmensinformationen oft nur einge-
schränkt möglich, was i.d.R. zu einer geringeren Beurteilungssi-
cherheit führt.19
Weiterhin ist die Unterscheidung nach Erwerbs- und Veräußerungs-
fall der Maßstab für die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit
des Transaktionspreises. Folglich sind subjektive Faktoren aus der
Perspektive der betreffenden Partei einzubeziehen. Die Preisunter-
grenze im Veräußerungsfall errechnet sich z.B. aus dem Stand-Alone-
1588 Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010
9 BGH, 21.4.1997 – II ZR 175/95, BB 1997, 1169, NJW 1997, 1926.
10 Aktionäre können auf Basis eines Hauptversammlungsbeschlusses die Geltendmachung eines Anspruchs
gegen die Organe erwirken (§ 147 AktG) oder durch Zulassungsklage, wenn sie 1 % oder nominal
100 000 Euro am Grundkapital halten.
11 Vgl. IDW, WP Handbuch 2006, Bd. I, 13. Aufl. 2006, B8–18.
12 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 6.
13 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 9.
14 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 4, 7.
15 Aufgrund des Berufsrechts gibt es einige sog. Vorbehaltsaufgaben, d. h. Tätigkeiten, die ausschließlich
ein Wirtschaftsprüfer durchführen kann. Im Bewertungsbereich ist nur die sachverständige Prüfung in
aktienrechtlichen Verfahren eine solche Vorbehaltsaufgabe (d. h. Unternehmensvertragsprüfung gem.
§ 293b ff. AktG, Squeeze-Out Prüfung gem. § 327c Abs. 2 S. 2–4 AktG, Verschmelzungsprüfung gem.
§ 9 ff. UmwG).
16 Vergleichbare Empfehlungen zur Auftragsannahme sind im DVFA-Standard nicht gegeben. Der Schwer-
punkt dieser Grundsätze liegt eher auf dem Inhalt und der Transparent von Fairness Opinions im Zusam-
menhang mit Stellungnahmen nach § 27 WpÜG.
17 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 17.
18 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 20.
19 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 24, 50.
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung?
Wert des Transaktionsobjekts zuzüglich sog. unechter Synergien, d.h.
Synergien, die bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept do-
kumentiert sind und sich auch ohne Durchführung der Transaktion
realisieren ließen. Ebenso sind echte Synergien, die aus Sicht des Ver-
käufers wegfallen würden, bei der Berechnung des Grenzpreises zu be-
rücksichtigen. Synergien, die sich für den Erwerber aus der Akquisi-
tion ergeben, sind nicht maßgebend. Anders sind im Erwerbsfall –
ausgehend vom Stand-Alone-Wert – nicht nur die unechten, sondern
auch die echten Synergien in die Bestimmung der Preisobergrenze
des Erwerbers einzubeziehen.20
Als übliche Bewertungsverfahren werden in IDW ES 8 kapitalwert-
orientierte Bewertungsverfahren (Discounted Cashflow- oder Ertrags-
wertverfahren) sowie marktpreisorientierte Verfahren (Analyse von
Börsenkursen des Transaktionsobjekts oder Multiplikatoren) genannt.
Ergänzend sind öffentlich verfügbare Analysen und Stellungnahmen
von Finanzanalysten heranzuziehen.21
In der Regel sollen mehrere Verfahren parallel durchgeführt werden.
Aus den verschiedenen Verfahren zur Beurteilung der Angemessen-
heit resultiert so eine Bandbreite von Vergleichswerten. Dabei soll der
Wirtschaftsprüfer die Güte und Aussagekraft der verschiedenen Er-
gebnisse beurteilen und die Bandbreite ggf. verdichten. Der zu unter-
suchende Transaktionspreis ist dann angemessen, wenn er im Veräu-
ßerungsfall inner- oder oberhalb der Bandbreite bzw. im Erwerbsfall
inner- oder unterhalb der Bandbreite liegt.22
Bei den methodischen Grundlagen wird in dem Standard praxisnah
das Multiplikator-Verfahren recht ausführlich beschrieben. Es erfolgt
etwa eine Unterscheidung der Herkunft möglicher Vergleichspreise
(Transaktions- bzw. Börsen-Multiples23
), eine Beschreibung der fi-
nanziellen Bezugsgrößen (z.B. Prognosen für Umsatz, EBITDA,
EBIT) sowie eine Auflistung von Kriterien für die Abgrenzung von
vergleichbaren Peer-Group-Unternehmen.
e) Dokumentation
Der IDW ES 8 standardisiert den Umfang der Dokumentation, indem
fester Bestandteil einer Fairness Opinion ein sog. Opinion Letter und
ein Valuation Memorandum sein soll. Ein sog. Factual Memorandum
kann ergänzend erstellt werden (siehe Abbildung).24
Der Opinion Letter ist die eigentliche Fairness Opinion und enthält
neben einer kurzen Darstellung des Transaktionsobjekts, einer Be-
schreibung der zu Grunde gelegten Daten und Analysen die Stellung-
nahme zur finanziellen Angemessenheit. Das Valuation Memoran-
dum beinhaltet die für die Schlussfolgerung im Opinion Letter er-
gänzenden Erläuterungen (Bewertungsvorgehen, Prämissen und Be-
urteilungsergebnis). Das Factual Memorandum ist eine vollständige
Dokumentation der vorgenommenen Angemessenheitsbeurteilung
und gibt detailliert Auskunft über die der Fairness Opinion zu Grun-
de gelegten Informationen und Unterlagen.25
f) Übernahmen nach WpÜG
Im Rahmen von öffentlichen Übernahmen haben Fairness Opini-
ons eine besondere Bedeutung: Liegt für eine Gesellschaft ein öf-
fentliches Übernahmeangebot vor, haben Vorstand und Aufsichtsrat
der Zielgesellschaft nach § 27 WpÜG eine begründete Stellungnah-
me zu dem Angebot sowie zu jeder seiner ¾nderungen abzugeben.
Eine Fairness Opinion kann die eigenständige Würdigung der Ge-
genleistung durch Vorstand und Aufsichtsrat nicht ersetzen.26
Sie
dient vielmehr als Information für den Vorstand und Aufsichtsrat
der Zielgesellschaft.
Sofern Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft beabsichtigen,
sich in ihrer Stellungnahme an die Aktionäre auf die Fairness Opini-
on zu beziehen, sollte der Wirtschaftsprüfer vorher vereinbaren, dass
in der Stellungnahme genaue Angaben über Adressat, Zweck, Inhalt
und Bedeutung der Fairness Opinion klargestellt werden.
IV. Rechtliche Maßstäbe für Fairness Opinions
in Deutschland
Der Rahmen für Umfang und Inhalt von Fairness Opinions lässt sich
neben der spezifischen Situation, für die die Fairness Opinion abgege-
ben wird, aus den Regelungen zur Haftung von Organen in Deutsch-
land ableiten. Im deutschen Aktienrecht wird dem Vorstand ein
grundsätzlicher Ermessensspielraum zugestanden, der auch wirt-
schaftlich riskante Entscheidungen umfasst.27
Zugleich ist er damit
konfrontiert, für gerade diese riskanten Entscheidungen möglicher-
weise persönlich gegenüber der Gesellschaft zu haften.
Korrespondierend zu der durch das UMAG verschärften Haftung
der Organmitglieder ist im materiell rechtlichen Bereich die gesetz-
liche Regelung der aus dem amerikanischen Recht bekannten Busi-
ness Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) eingeführt worden.28
Sinn der Business Judgement Rule ist, dem handelnden Organ bei
Ausübung seiner Tätigkeit einen gewissen „Safe Habour“ einzuräu-
men, innerhalb dessen eine Pflichtwidrigkeit seines Handelns ent-
fällt.
Bei Heranziehung der nunmehr kodifizierten Business Judgement
Rule liegt eine Pflichtverletzung dann nicht vor, wenn das Vorstands-
mitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerwei-
Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 1589
Abbildung: Formen der Berichterstattung
20 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 43 ff.
21 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz 29 f.
22 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 32.
23 Vgl. hierzu auch Wagner, in: Krolle/Schmitt/Schwetzler (Hrsg.), Multiplikatorverfahren in der Unterneh-
mensbewertung, 2005, S. 6.
24 Vgl. hierzu und im Folgenden IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 53 ff.
25 Vergleichbare Vorgaben für die Berichterstattung sind im DVFA-Standard nicht enthalten.
26 Vgl. hierzu und im Folgenden IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 60.
27 BGH, 21.4.1997 – II ZR 175/95, BB 1997, 1169, NJW 1997, 1926.
28 Vgl. Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 2, 3. Aufl.
2008, Vorbem., Rn. 32.
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung?
se annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information
zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG). Da-
bei kommt es maßgeblich auf eine ex-ante-Betrachtung an, und die
Angemessenheitsprüfung darf nicht in „hindsight“ vorgenommen
werden.29
Die Kernfrage lautet daher, welches Niveau der informatio-
nellen Entscheidungsfundierung als ausreichend sorgfältig und daher
auch im Falle einer gesellschaftsschädigenden Fehlentscheidung als
haftungsausschließend anzusehen ist.30
Die angemessene Informationsbeschaffung steht damit – sofern der
Vorstand von der Business Judgement Rule profitieren will – nicht
in seinem Ermessen, sondern ist maßgebliche Pflicht.31
Zur
Gewährleistung eines angemessenen Informationsniveaus hat er da-
bei sämtliche ihm zur Verfügung stehende Erkenntnisquellen aus-
zuschöpfen, d.h. durch organisatorische Maßnahmen auch Infor-
mationsquellen im eigenen Unternehmen zu erschließen und zu
nutzen.32
Eine allgemeine Pflicht des Vorstands zur Einholung einer Stellung-
nahme eines Dritten gibt es auf dieser Grundlage nicht. Vielmehr hat
der Vorstand unter Abwägung von Kosten und Nutzen bei Einbezie-
hung der Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Reichweite seiner Er-
mittlungen in seinem Ermessen festzulegen.33
Eine Verpflichtung zur
Einholung könnte jedoch dann angenommen werden, wenn ohne ei-
nen entsprechenden Rat eine ordnungsgemäß begründete Stellung-
nahme nicht abgegeben werden kann.34
Dies gilt insbesondere dann,
wenn Vorstand und Aufsichtsrat aus eigener Kenntnis nicht in der La-
ge sind, die Angemessenheit der Gegenleistung zu beurteilen. Vielfach
wird sich ein Vorstand auch für die Einholung eines Drittgutachtens
entscheiden, um seine eigene Glaubwürdigkeit z.B. bei Gewährung
von Aktien als Gegenleistung, eventuellen Interessenkonflikten des
Vorstands oder Interesse der Gesellschaft an einer Übernahme durch
den betreffenden Bieter zu untermauern.
Sollte sich der Vorstand für die Einholung einer Fairness Opinion
entscheiden, kommt dieser also primär die Funktion zu nachzuwei-
sen, dass die Entscheidung des Vorstands auf angemessenen Informa-
tionen basierte. Anhand dieses Maßstabs sollte sich dann auch der In-
halt der Fairness Opinion ausrichten.
V. Diskussion praktischer Anwendungsfragen
1. Inhaltliche Diskussion
Ein wichtiger Schwerpunkt des Standards liegt auf der Bewertungs-
methodik. Das Multiplikator-Verfahren wird erstmals in einem
IDW-Standard ausgiebig beschrieben und als ein bevorzugtes Ver-
fahren eingestuft, was auch der üblichen Transaktionspraxis ent-
spricht. Dabei liegt der Fokus auf der Erläuterung der erforderli-
chen Vorgehensweise einer Multiplikatorbewertung (wie z.B. analy-
tische Ableitung einer Peer Group). Bewertungsthemen, die in der
Praxis zu Interpretationsspielräumen führen, wie z.B. die Abgren-
zung von Nettofinanzverbindlichkeiten,35
werden in dem Standard
nicht aufgegriffen. Damit ist der Standard in der Darlegung von
bekannten Bewertungsmethoden eher detailliert, während ausle-
gungsbedürftige Inhalte offenbleiben. Allerdings sind einer abschlie-
ßenden Regelung in einem solchen Standard naturgemäß auch
Grenzen gesetzt.
Positiv ist, dass die Regelungen des IDW ES 8 von dem Wirtschafts-
prüfer einen gewissen Tiefgang der Analysen für die Multiplikatorbe-
wertung erwarten,36
zumal die Intensität der Analyse eine unmittel-
bare Auswirkung auf die Qualität der Aussagen hat.37
Diese Informa-
tion über den Detaillierungsgrad der Analysen ist daher für den
Adressat sehr wichtig.
Die Dreiteilung der Dokumentation in Opinion Letter, Valuation
Memorandum und Factual Memorandum hat einen formellen
Charakter, der so in der Transaktionspraxis nicht durchgängig ge-
lebt wird. Für die Informationsfunktion einer Fairness Opinion ist
positiv, dass in der Dokumentation u.a. auf die Verfügbarkeit und
Qualität der Daten eingegangen werden soll.38
Es wäre dabei wün-
schenswert, wenn der Wirtschaftsprüfer in der Dokumentation –
etwa in vergleichbaren Sinn wie § 8 UmwG in der sachverständigen
Prüfung – auch auf generelle Bewertungsschwierigkeiten eingehen
würde.39
Bei Umsetzung des Grundgedankens dieser Vorschrift,
nämlich die Adressaten über besondere Bewertungsschwierigkeiten
zu informieren, würde der Fairness Opinion zusätzliche Aussage-
kraft verleihen. Formelhafte Erklärungen sollten dabei möglichst
vermieden werden.
2. Erfüllung der Business Judgement Rule?
Ob eine Fairness Opinion, die nach den Grundsätzen des IDW ES
8 erstellt ist, eine hinreichende Erkenntnisquelle für den Vorstand
darstellt, ist aufgrund des Wortlauts des Standards nicht automa-
tisch zu bejahen. Bei der Auswahl des Dritten muss der Vorstand
neben der Fachkompetenz und möglichen Interessenkonflikten
auch die Plausibilität und Verbindlichkeit der Beratung sowie Kos-
ten und Nutzen prüfen.40
Wenn nunmehr der IDW ES 8 als Stan-
dard eine Reihe von Einschränkungen vorsieht, unter denen die
Fairness Opinion abgegeben wird, ist fraglich, ob der Vorstand
noch den Nutzen erlangt, den er durch deren Einholung erwartet.
Der IDW weist dabei zu Recht darauf hin, dass die Fairness Opini-
on keinen Ersatz für die eigenverantwortliche Beurteilung des
Transaktionspreises durch den Auftraggeber ist. Vor diesem Hinter-
grund hat der Auftraggeber Kosten und Nutzen einer Fairness Opi-
nion nach IDW ES 8 abzuwägen.
So liegt z.B. der Fokus der Fairness Opinion nach IDW ES 8 auf
der Verarbeitung und Analyse von Daten, nicht aber auf der eigen-
ständigen Überprüfung der zugrunde liegenden Unterlagen. Es ist
zwar nachvollziehbar, dass eine „Prüfung“ der vorgelegten Daten
aus rein praktischen Überlegungen und in Hinblick auf die Zeit
kaum möglich sein wird. Eine generelle Plausibilitätskontrolle und
eine zumindest stichprobenweise Überprüfung der Widerspruchs-
freiheit und Eignung der verfügbaren Daten für die Erstellung ei-
ner Fairness Opinion wären aber aus der Sicht eines Organs mögli-
cherweise zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht wünschenswert. Zu
denken wäre etwa daran, inwieweit z.B. die vorgelegten Daten für
1590 Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010
29 BGH, 3.3.2008 – II ZR 124/06, NZG 2008, 389.
30 Vgl. Grundei/v. Werder, AG 2005, 825, 826.
31 OLG Frankfurt, 12.12.2007 – 17 U 111/07, AG 2008, 453 ff: „… Die Entscheidung muss vielmehr mit aller
Sorgfalt branchenüblich vorbereitet werden. Voraussetzung für den von der Rechtsprechung eingeräum-
ten Handlungsspielraum ist dementsprechend, dass die Entscheidung auf informierter Grundlage und
nachvollziehbar getroffen wurde.“
32 OLG Düsseldorf, 9.12.2009 – I-6 W 45/09, 6 W 45/09, AG 2010, 126 ff: „… dazu alle ihm zur Verfügung
stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen. … sind gehalten, eigene Informationsquellen im Unter-
nehmen zu schaffen sowie ihr Funktionieren zu überwachen und sie zu nutzen.“
33 OLG Celle, 28.5.2008 – 9 U 184/07, WM 2008, 1745 ff.
34 OLG Stuttgart, 25.11.2009 – 20 U 5/09, NZG 2010, 141.
35 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto, Handbuch Financial Due Diligence, 2007, S. 351 ff.
36 Vgl. IDW ES 8 (Fn.2), Tz. 24.
37 Vgl. Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, 203 ff.
38 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 52.
39 Vgl. hierzu z. B. IDW, WP Handbuch 2008, Bd. II, 13. Aufl. 2007, D75.
40 BGH, 14.5.2007 – II ZR 48/06, BB 2007, 1801–1803, mit BB-Komm. Müller-Seils, BB 2007, 1803, OLG Stutt-
gart, 25.11.2009 – 20 U 5/09, NZG 2010, 141; OLG Celle, 28.5.2008 – 9 U 184/07, WM 2008, 1745 ff.
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung?
die Fairness Opinion ausreichend aktuell sind oder im Abgleich
mit Unternehmensnachrichten konsistent sind. Da eine Fairness
Opinion gerade nicht gesetzlich geregelt ist, könnte der Wirt-
schaftsprüfer prinzipiell den Auftrag flexibel vereinbaren. Wird die
Tätigkeit für eine Fairness Opinion aber quasi per IDW-Standard
für den Berufsstand fixiert, ist dies für den Wirtschaftsprüfer (so-
fern er Mitglied des IDW ist41
) grundsätzlich bindend. Eine Erwei-
terung des Tätigkeitsspektrums für den einzelnen Wirtschaftsprüfer
auf Wunsch eines Auftraggebers kann hier möglicherweise zu Frik-
tionen führen. Die Folge ist, dass die Anforderung an die Beschaf-
fung anderweitiger Informationen für den Vorstand und die Ent-
scheidung über die Angemessenheit – trotz Fairness Opinion – er-
höht sind.
Insofern ist die Fairness Opinion, wie sie das IDW vorsieht, letztlich
keine Garantie dafür, dass bei ihrem Vorliegen mehr oder weniger au-
tomatisch von einer angemessenen Informationsbeschaffung ausge-
gangen werden kann. Ein Vorstand, der die Anforderungen der Busi-
ness Judgement Rule erfüllen möchte, müsste die Regelungen des
IDW ES 8 daraufhin kritisch überprüfen, ob diese seinen Anforderun-
gen genügen.
3. Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers
Die Frage der Unabhängigkeit bei der Erstattung von Fairness Opi-
nions wurde in der Literatur schon umfangreich diskutiert.42
So
besteht z.B. ein offensichtlicher Konflikt, wenn der Ersteller einer
unabhängigen Fairness Opinion im Zusammenhang mit der zu be-
urteilenden Transaktion weitere Beratungs- oder Finanzierungsleis-
tungen erbringt. Insbesondere eine bereits über einen langen Zeit-
raum bestehende Geschäftsbeziehung zwischen Auftraggeber und
Ersteller der Fairness Opinion ist als konfliktgefährdet zu beurtei-
len.
Der IDW ES 8, Tz. 52 sieht vor, dass in dem Opinion Letter eine
„Erklärung zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“ abgegeben
werden muss, was der Wirtschaftsprüfer eigenverantwortlich prüfen
muss. Wie diese Erklärung konkret auszuführen ist, bleibt offen. In
der Praxis sind hier verschiedene Varianten, von einer formelhaften
Erklärung bis zu einer Erläuterung möglicher Beziehungen zum
Auftraggeber, denkbar. Die Empfehlungen des DVFA zur Erstellung
von Fairness Opinions gehen in diesem sensiblen Punkt deutlich
weiter: So hat der Ersteller alle vertraglichen Beziehungen mit den
betreffenden Unternehmen, die Interessenskonflikte begründen
können, offenzulegen (z.B. Abschlussprüfung). Ebenso sollte darauf
hingewiesen werden, wenn für die Erstellung der Fairness Opinion
eine erfolgsabhängige Vergütung oder eine Haftungsfreistellung ver-
einbart wurde.43
Eine solche wie vom DVFA vorgesehene Doku-
mentation erhöht die Transparenz der Rolle des Erstellers einer
Fairness Opinion und führt aufgrund dieser quasi öffentlichen
Transparenz zu einem gewissen „Korrektiv“.
VI. Zusammenfassung
1. Der IDW ES 8 gibt genaue Vorgaben für eine von einem Wirt-
schaftsprüfer durchgeführte Fairness Opinion für die Auftragsan-
nahme, wobei bestimmte Tätigkeiten – wie eine zumindest kur-
sorische Durchsicht der Datenbasis – nicht vorgesehen sind. Der
Auftraggeber sollte prüfen, ob der Auftragsumfang ausreicht oder
ob in Hinblick auf die Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht zumin-
dest einige Plausibilitätsprüfungen und Stichproben zur Informa-
tionsbasis an sich in das Auftragsschreiben mit aufgenommen
werden sollten. Durch die Bindung des Wirtschaftsprüfers an
den Standard kann es hier aber zu Friktionen kommen, falls das
IDW den jetzigen Entwurf des Standards unverändert verabschie-
det.
2. Bei den Bewertungsthemen liegt der Schwerpunkt auf den Mul-
tiplikatorverfahren, die in einem möglichst analytischen Ansatz
herangezogen werden sollten. Der Tiefgang der durchgeführten
Analysen bei diesem Verfahren beeinflusst die Qualität der Er-
gebnisse.
3. Der IDW ES 8 erweckt den Eindruck, dass sich bei Anwendung
weitgehend Standardformulierungen in den von Wirtschaftsprü-
fern erstellten Fairness Opinions finden werden. Der Nutzen einer
Fairness Opinion dürfte für den Adressaten aber am größten sein,
wenn formelhafte Beschreibungen nur selektiv verwendet werden
und stattdessen die Rahmenbedingungen, die Informationsbasis,
die Besonderheiten sowie Bewertungsschwierigkeiten der zu beur-
teilenden Transaktion aus der entsprechenden Perspektive indivi-
duell herausgearbeitet werden.
4. Gemäß IDW ES 8 soll der Wirtschaftsprüfer nach eigener Ver-
antwortung seine Unabhängigkeit für die Erstellung der Fairness
Opinion prüfen. Eine neutrale, transparente Darstellung be-
stehender Beziehungen des Wirtschaftsprüfers in der laufenden
Transaktion (wie z.B. im DVFA-Standard vorgeschlagen) würde
den Aussagegehalt einer Fairness Opinion nach IDW ES 8 er-
heblich stärken.
// Autoren h
Dipl.-Kfm. Michael Graser ist Certified Valuation Ana-
lyst und Director bei der Valnes Corporate Finance
GmbH, Frankfurt. Er ist Experte für die Bewertung von
Unternehmen und immateriellen Vermögenswerten,
Financial Due Diligences sowie für Kaufpreisallokatio-
nen.
Bettina C. Klüwer, RAin, ist Counsel bei Linklaters LLP,
Frankfurt. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind Unterneh-
menskäufe und -verkäufe, Joint Ventures sowie die ge-
sellschaftsrechtliche Beratung von Restrukturierungen.
Dr. Anke Nestler ist öffentlich bestellte und vereidigte
Sachverständige für Unternehmensbewertung sowie für
die Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IHK
Frankfurt) und geschäftsführende Gesellschafterin der
Valnes Corporate Finance GmbH, Frankfurt.
Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 1591
41 Laut Aussage des IDW ist die absolute Mehrheit der Wirtschaftsprüfer entweder direkt (85,62 % aller
Wirtschaftsprüfer) oder über eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mitglied des Instituts der Wirtschafts-
prüfer in Deutschland e. V.
42 Vgl. hierzu z. B. Borowicz, M&A Review 2005, 257 ff., DVFA Expert Group „Fairness Opinion“, FB, 2007,
678; Davidoff, American University Law Review Vol. 55, 2006, 1586.
43 Vgl. DVFA Grundsätze für Fairness Opinions, in: DVFA Finanzschriften Nr. 07/2008, insbes. Abschn. B.6.

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Fairness Opinion nach IDW ES8

  • 1. www.betriebs-berater.de Zeitschrift für Recht, Steuern und Wirtschaft Verlag Recht und Wirtschaft 26.2010 65. Jahrgang // 21.6.2010 // Seiten 1545 – 1608 // DIE ERSTE SEITE Dr. Martin Kock, RA/FAArbR Gleichbehandlungsrecht: Fragen kostet nichts? I // WIRTSCHAFTSRECHT Dr. Kirsten Thiergart, RAin, und Dr. Klaus Olbertz, RA/FAArbR Börsengang leicht gemacht? – Übernahme und Verschmelzung eines Zielunternehmens auf die SPAC in der Rechtsform der SE 1547 BGH: Kausalität von Prospektfehlern – zur Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens BB-Kommentar von Karl Pörnbacher, RA, und Dr. Philipp Massari, RA 1553 BGH: Schadenspauschalierungsklausel in AGB eines Kraftfahrzeughändlers BB-Kommentar von Dr. Patrick Ayad, RA, und Silke Hesse, RAin 1557 // STEUERRECHT Christian Ebner, RA/StB, und Dr. Marcus Helios, RA/StB Kritische Kommentierung ausgewählter Aspekte des aktualisierten BMF-Schreibens zum InvStG vom 18.8.2009 (BStBl. I 2009, 931) unter Berücksichtigung des Regierungsentwurfs für ein JStG 2010 – Teil 1 1565 Helmut König, WP/StB, und Michael Hanke, StB Die Novellierung des § 4 Nr. 11b UStG im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur ¾nderung steuerlicher Vorschriften – eine steuerliche Hydra? 1578 BMF: Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner (Anwendung des BFH-Urteils – I R 1/08 vom 4.3.2009) BB-Kommentar von Dr. Marc P. Scheunemann, LL.M, RA/FAStR/StB, und Dr. Heide Bauersfeld 1582 // BILANZRECHT & BETRIEBSWIRTSCHAFT Michael Graser, Bettina C. Klüwer, RAin, und Dr. Anke Nestler Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung? 1587 BFH: Wertaufholungsgebot für frühere Teilwertabschreibungen verfassungsgemäß BB-Kommentar von Dr. Kurt Gratz, WP/StB 1592 // ARBEITSRECHT Dr. Christian Rolf, RA, und Jochen Riechwald, RA Personalabbau im kurzarbeitenden Betrieb 1597 Prof. Dr. Frank Hohmeister BB-Rechtsprechungsreport zum Urlaubsrecht 2009 1599 Dr. Anke Freckmann, RAin/FAinArbR BAT-Vergütung altersdiskriminierend? 1602 BAG: Abschluss eines Tarifvertrages bei Mehrheit von Gewerkschaften BB-Kommentar von Bettina Scharff, RAin 1604 // BERUFSPRAXIS: WEITERBILDUNG Im Blickpunkt: Masterstudiengänge VI
  • 2. Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Dipl.-Kfm. Michael Graser, Bettina C. Klüwer, RAin, und Dr. Anke Nestler Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung? Anfang diesen Jahres hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutsch- land e.V. (IDW) den Entwurf für den IDW-Standard „Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions (IDW ES 8)“ veröffentlicht und dazu aufgerufen, ihn bis zum 30.6.2010 zu kommentieren. Der nach der end- gültigen Verabschiedung für deutsche Wirtschaftsprüfer verpflichtende Standard regelt, nach welchen Grundsätzen die finanzielle Angemessen- heit von Transaktionspreisen durch Wirtschaftsprüfer zu beurteilen ist. Das IDW hat somit erstmals einen Standardentwurf für einTätigkeitsfeld herausgegeben, das traditionell durch Investmentbanken und Corpo- rate-Finance-Berater geprägt ist. Dabei bekommt das Thema v.a. durch die viel diskutierte Verschärfung der Managementhaftung neue Im- pulse. In diesem Zusammenhang wird die Fairness Opinion vermehrt als geeignetes Instrument zur Eingrenzung möglicher Haftungsrisiken ge- nannt. Der Aufsatz gibt einen Überblick über den Inhalt des IDW-Stan- dards und erörtert zudem, was eine Fairness Opinion nach IDW ES 8 im Hinblick auf die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Vorständen und Aufsichtsräten in der Praxis leisten kann. I. Einleitung Das Transaktionsgeschäft in Deutschland war in den letzten Jahren international geprägt, so auch im Hinblick auf die Erstellung sog. Fairness Opinions. Eine Fairness Opinion ist grundsätzlich eine Stellungnahme eines unabhängigen Dritten zur finanziellen Angemessenheit eines Trans- aktionspreises im Rahmen einer geplanten unternehmerischen Initi- ative.1 Sie ist keine Bewertung im eigentlichen Sinne und soll kei- nen abschließenden Preis festsetzen. Ihre Funktion besteht aus- schließlich darin zu beurteilen, ob eine konkrete Gegenleistung, insbesondere für Unternehmensanteile und Vermögenswerte, inner- halb einer Bandbreite von fairen Werten liegt. Auftraggeber einer Fairness Opinion ist insbesondere die Gesellschaft, die Geschäftslei- tung oder der Aufsichtsrat bzw. sonstige verantwortliche Gremien einer Gesellschaft. 2009 hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) einen „Entwurf IDW Standard: Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions (IDW ES 8)“ entwickelt und Anfang des Jahres 2010 publiziert.2 Das IDW hat in dem Entwurf die Öffentlichkeit auf- gefordert, bis zum 30.6.2010 ¾nderungs- und Ergänzungsvorschläge einzureichen. Unabhängig davon hat der Standardentwurf in Litera- tur und Praxis bislang noch wenig Resonanz gefunden. Die Vorlage eines Standards durch das IDW ist nicht weiter über- raschend. Wirtschaftsprüfer haben als Anbieter von Fairness Opini- ons an Bedeutung gewonnen. So belegt eine Untersuchung publi- zierter Übernahmeangebote mit den dort teilweise erwähnten Fair- ness Opinion,3 dass Wirtschaftsprüfer ihren Marktanteil von 11% (2008) auf 56% (2009) zu Lasten der Großbanken ausgeweitet ha- ben.4 Gleichzeitig gab es für Wirtschaftsprüfer bis zur Veröffentli- chung des Entwurfs keine eigenen und einheitlichen Richtlinien für die Erstellung von Fairness Opinions. Die DVFA Expert Group „Fairness Opinion“ hatte zwar im Jahr 2007 die „Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions“5 herausgegeben. Diese sind aber als „Best Practise“-Standards ausgerichtet und beschränken ih- ren Anwendungsbereich auf Stellungnahmen nach § 27 WpÜG.6 Der neue IDW-Standard hat hingegen ein wesentlich breiteres An- wendungsfeld. II. Rechtliche Rahmenbedingungen Im internationalen Umfeld ergibt sich z.B. nach Rule 3.1 City Code, dass in Transaktionen nach englischem Recht der Board der engli- schen Zielgesellschaft verpflichtet ist, eine Stellungnahme eines sach- kundigen Dritten zum abgegebenen Kaufangebot einzuholen. Eine solche Verpflichtung gibt es nach deutschem Recht nicht.7 § 27 WpÜG sieht lediglich vor, dass Vorstand und Aufsichtsrat einer Ziel- gesellschaft eine begründete Stellungnahme zu einem Angebot abzu- geben haben, wofür jedoch keine Fairness Opinion erforderlich wäre. Der IDW ES 8 ist aus rechtlicher Sicht vielmehr in Verbindung mit der Haftung von Organen einer juristischen Person zu sehen. Der Vorstand haftet für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaf- ten Geschäftsleiters bei der Ausübung seiner Tätigkeit (gemäß § 93 AktG). Bei entsprechender Anwendung auf den Aufsichtsrat (gemäß § 116 AktG) haftet dieser v.a. bei der Entscheidung über die Durch- führung von Unternehmenstransaktionen und Restrukturierungen. Diese Entscheidungen sind mit erheblichen Unsicherheiten für den Vorstand bzw. Aufsichtsrat verbunden und können für diese Organe eine Haftung gegenüber der Aktiengesellschaft selbst oder in wenigen besonderen Ausnahmefällen gegenüber den Aktionären der Gesell- schaft begründen.8 Die Rechtsprechung hatte bereits im Jahr 1997 eine Pflicht des Auf- sichtsrats angenommen, Schadenersatzansprüche gegen Vorstands- Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 1587 1 Zu unternehmerischen Initiativen zählen z. B. der Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Fusionen, Zufüh- rungen von Eigen- und Fremdkapital, Sacheinlagen, Börsengänge oder Buy Outs. 2 Stand: 19.8.2009, WPg Supplement 1/2010, 112 ff., FN-IDW 1–2/2010, 20 ff. 3 Vgl. Aders/Schwetzler, Corporate Finance biz, 2010, 119. 4 Zu erklären ist diese Veränderung zum Teil auch durch den Rückgang an Übernahmeangeboten von 38 (2008) auf 17 (2009) und dem damit verbundenen Rückgang der Fairness Opinions. Während 2008 noch in 19 Stellungnahmen nach § 27 WpÜG auf eine Fairness Opinion Bezug genommen wurde, waren es 2009 nur noch 9 Fälle. Hinzu kommt, dass es 2009 keine einzige Transaktion über 1 Mrd. Euro gab (Vor- jahr: 7), welche häufig von Großbanken begutachtet werden. 5 Vgl. Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA): Grundsätze für Fairness Opinions. in: DVFA Finanzschriften Nr. 07/2007. 6 Im November 2008 wurden die Grundsätze um Empfehlungen für Bietergesellschaften erweitert; vgl. DVFA Grundsätze für Fairness Opinions, in: DVFA Finanzschriften Nr. 07/2008. 7 Vgl. Harbarth, in: Baums/Thoma (Hrsg.), WpÜG, Stand: 3. Erg.-Lfg. Nov. 2008, § 27, Rn. 72. 8 Grundsätzlich kennt das AktG nur eine Binnenhaftung der Organe gegenüber der AG. Eine Außenhaf- tung der Organe gegenüber den Aktionären kommt z. B. in Betracht, wenn die Gläubiger keine Befriedi- gung erlangen könnten (§ 93 Abs. 5 AktG) oder eine Verletzung von absoluten Rechtsgütern oder eines Schutzgesetzes i. S. d. § 823 BGB vorliegen (z. B. § 92 Abs. 2 AktG: Zahlungsverbot bei Insolvenz, §§ 44 ff. BörsG, §§ 37b, 37c WpHG [Emittentenhaftung], § 15a WpHG).
  • 3. Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung? mitglieder wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht im Namen der AG geltend zu machen.9 Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Unter- nehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22.9.2005 (UMAG) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit für (eine Minderheit der) Aktionäre geschaffen, eine Geltendmachung im Na- men der AG zu erzwingen.10 Der Gesetzgeber hat damit in erheb- lichem Umfang die Rechte der Aktionäre bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen Organe gestärkt. Um sich gegen dieses größere Risiko der Inanspruchnahme besser zu schützen, kann es für ein Organ ggf. ratsam sein, die sachkundige Stellungnahme eines Dritten einzuholen. Diese soll dokumentieren, dass das Organ seine Entscheidungsgrundlage abgesichert hat und sorgfältig vorgegangen ist. Inwieweit es durch Einholung einer Fair- ness Opinion auf Basis des IDW ES 8 seiner Sorgfaltspflicht genügen kann, wird in Abschnitt V diskutiert werden. III. IDW ES 8 im Überblick 1. Zielsetzung des IDW Der IDW-Standard IDW ES 8 legt die Grundsätze dar, nach denen Wirtschaftsprüfer zur finanziellen Angemessenheit von Transaktionen im Rahmen von unternehmerischen Initiativen Stellung nehmen sol- len. Grundsätzlich soll die Veröffentlichung von IDW-Standards und übrigen Verlautbarungen der einheitlichen und fachgerechten Berufs- ausübung dienen. Mitglieder des IDW sind verpflichtet, im Rahmen ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit die von den Fachausschüs- sen des IDW abgegebenen Standards zu beachten.11 Durch die Verabschiedung des IDW ES 8 soll somit eine Leitlinie für die Erstellung von Fairness Opinions gegeben werden, die für die Mitglieder des IDW bindend ist. Für alle anderen Ersteller von Fair- ness Opinions (z.B. Investmentbanken oder Corporate-Finance-Bera- ter) kann der Standard lediglich Empfehlungscharakter haben. 2. Wesentliche Inhalte a) Überblick Der IDW ES 8 will die in Theorie und Praxis entwickelten Stand- punkte in ein einheitliches Vorgehen für den Berufsstand der Wirt- schaftsprüfer zusammenfassen. Der Standard ist – neben der Vorbe- merkung – in fünf Abschnitte aufgeteilt: – Begriffliche Grundlagen, – Auftragsannahme und Auftragsinhalt, – Auftragsdurchführung, – Berichterstattung und Dokumentation, – Besonderheiten bei der Erstellung von Fairness Opinions im Zu- sammenhang mit Stellungnahmen nach § 27 WpÜG. Als Anlage enthält der IDW ES 8 eine beispielhafte Formulierung ei- nes Opinion Letters zur Information von Vorstand und Aufsichtsrat des Zielunternehmens für eine Stellungnahme nach § 27 WpÜG. b) Begriffliche Grundlagen Gemäß der Definition in Tz. 5 des IDW ES 8 handelt es sich bei einer Fairness Opinion um „… eine Stellungnahme eines Wirt- schaftsprüfers zur finanziellen Angemessenheit eines Transaktions- preises im Rahmen einer unternehmerischen Initiative“. Eine Ge- genleistung ist dann finanziell angemessen, wenn sie innerhalb ei- ner Bandbreite von vergleichbaren Transaktionspreisen liegt.12 Die Feststellung in der Fairness Opinion muss sich auf einen Zeitpunkt nahe an der Entscheidung über die Durchführung der Transaktion beziehen.13 Wesentlich für die Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers ist die Definition der Perspektive, aus der eine Stellungnahme abgegeben wird (Käufer oder Verkäufer). Die Fairness Opinion soll dabei das Urteil eines un- parteiischen Dritten zum Ausdruck bringen.14 c) Auftragsannahme und Auftragsinhalt In dem Auftragsverhältnis zwischen Wirtschaftsprüfer und Auftragge- ber besteht prinzipiell Vertragsfreiheit. Der Wirtschaftsprüfer wird hier auch nicht im Rahmen einer sog. Vorbehaltsaufgabe15 oder als Abschlussprüfer tätig. Das IDW will die Beauftragung für eine Fair- ness Opinion für den Berufsstand weitgehend standardisieren.16 So wird in dem IDW ES 8 stichwortartig aufgelistet, welche Gesichts- punkte bei der Gestaltung des Auftragsverhältnisses beachtet werden sollen, v.a. Anlass der Beauftragung, Festlegung des Gegenstands der Beurteilung, Mitwirkungspflichten des Auftraggebers, Form und Um- fang der Berichterstattung sowie Regelung zur Drittverwendung und Weitergabebeschränkung.17 Ein wesentlicher Bestandteil des Auftrags soll die Abgrenzung der Tä- tigkeit des Wirtschaftsprüfers sein. Insbesondere soll vereinbart wer- den, was der Wirtschaftsprüfer nicht leisten wird:18 – Die der Fairness Opinion zugrunde liegenden Informationen und Unterlagen sind weder geprüft noch prüferisch durchgesehen. – Die Fairness Opinion ist keine Empfehlung zur wirtschaftlichen Disposition im Zusammenhang mit der Transaktion. – Die Fairness Opinion ist keine Beurteilung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer durch den Auftraggeber verfassten Stellungnahme. d) Auftragsdurchführung Die Hinweise im IDW ES 8 für die Auftragsdurchführung gehen auf die Informationsgrundlagen, den anzulegenden Wertmaßstab und auf die methodische Vorgehensweise einer Fairness Opinion ein. Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob die Fairness Opinion für den Erwerbsfall oder den Veräußerungsfall erstellt wird. Dies ist wichtig für den Umfang der Informationsbasis. So ist im Erwerbs- fall der Zugang zu Unternehmensinformationen oft nur einge- schränkt möglich, was i.d.R. zu einer geringeren Beurteilungssi- cherheit führt.19 Weiterhin ist die Unterscheidung nach Erwerbs- und Veräußerungs- fall der Maßstab für die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des Transaktionspreises. Folglich sind subjektive Faktoren aus der Perspektive der betreffenden Partei einzubeziehen. Die Preisunter- grenze im Veräußerungsfall errechnet sich z.B. aus dem Stand-Alone- 1588 Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 9 BGH, 21.4.1997 – II ZR 175/95, BB 1997, 1169, NJW 1997, 1926. 10 Aktionäre können auf Basis eines Hauptversammlungsbeschlusses die Geltendmachung eines Anspruchs gegen die Organe erwirken (§ 147 AktG) oder durch Zulassungsklage, wenn sie 1 % oder nominal 100 000 Euro am Grundkapital halten. 11 Vgl. IDW, WP Handbuch 2006, Bd. I, 13. Aufl. 2006, B8–18. 12 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 6. 13 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 9. 14 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 4, 7. 15 Aufgrund des Berufsrechts gibt es einige sog. Vorbehaltsaufgaben, d. h. Tätigkeiten, die ausschließlich ein Wirtschaftsprüfer durchführen kann. Im Bewertungsbereich ist nur die sachverständige Prüfung in aktienrechtlichen Verfahren eine solche Vorbehaltsaufgabe (d. h. Unternehmensvertragsprüfung gem. § 293b ff. AktG, Squeeze-Out Prüfung gem. § 327c Abs. 2 S. 2–4 AktG, Verschmelzungsprüfung gem. § 9 ff. UmwG). 16 Vergleichbare Empfehlungen zur Auftragsannahme sind im DVFA-Standard nicht gegeben. Der Schwer- punkt dieser Grundsätze liegt eher auf dem Inhalt und der Transparent von Fairness Opinions im Zusam- menhang mit Stellungnahmen nach § 27 WpÜG. 17 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 17. 18 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 20. 19 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 24, 50.
  • 4. Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung? Wert des Transaktionsobjekts zuzüglich sog. unechter Synergien, d.h. Synergien, die bereits eingeleitet oder im Unternehmenskonzept do- kumentiert sind und sich auch ohne Durchführung der Transaktion realisieren ließen. Ebenso sind echte Synergien, die aus Sicht des Ver- käufers wegfallen würden, bei der Berechnung des Grenzpreises zu be- rücksichtigen. Synergien, die sich für den Erwerber aus der Akquisi- tion ergeben, sind nicht maßgebend. Anders sind im Erwerbsfall – ausgehend vom Stand-Alone-Wert – nicht nur die unechten, sondern auch die echten Synergien in die Bestimmung der Preisobergrenze des Erwerbers einzubeziehen.20 Als übliche Bewertungsverfahren werden in IDW ES 8 kapitalwert- orientierte Bewertungsverfahren (Discounted Cashflow- oder Ertrags- wertverfahren) sowie marktpreisorientierte Verfahren (Analyse von Börsenkursen des Transaktionsobjekts oder Multiplikatoren) genannt. Ergänzend sind öffentlich verfügbare Analysen und Stellungnahmen von Finanzanalysten heranzuziehen.21 In der Regel sollen mehrere Verfahren parallel durchgeführt werden. Aus den verschiedenen Verfahren zur Beurteilung der Angemessen- heit resultiert so eine Bandbreite von Vergleichswerten. Dabei soll der Wirtschaftsprüfer die Güte und Aussagekraft der verschiedenen Er- gebnisse beurteilen und die Bandbreite ggf. verdichten. Der zu unter- suchende Transaktionspreis ist dann angemessen, wenn er im Veräu- ßerungsfall inner- oder oberhalb der Bandbreite bzw. im Erwerbsfall inner- oder unterhalb der Bandbreite liegt.22 Bei den methodischen Grundlagen wird in dem Standard praxisnah das Multiplikator-Verfahren recht ausführlich beschrieben. Es erfolgt etwa eine Unterscheidung der Herkunft möglicher Vergleichspreise (Transaktions- bzw. Börsen-Multiples23 ), eine Beschreibung der fi- nanziellen Bezugsgrößen (z.B. Prognosen für Umsatz, EBITDA, EBIT) sowie eine Auflistung von Kriterien für die Abgrenzung von vergleichbaren Peer-Group-Unternehmen. e) Dokumentation Der IDW ES 8 standardisiert den Umfang der Dokumentation, indem fester Bestandteil einer Fairness Opinion ein sog. Opinion Letter und ein Valuation Memorandum sein soll. Ein sog. Factual Memorandum kann ergänzend erstellt werden (siehe Abbildung).24 Der Opinion Letter ist die eigentliche Fairness Opinion und enthält neben einer kurzen Darstellung des Transaktionsobjekts, einer Be- schreibung der zu Grunde gelegten Daten und Analysen die Stellung- nahme zur finanziellen Angemessenheit. Das Valuation Memoran- dum beinhaltet die für die Schlussfolgerung im Opinion Letter er- gänzenden Erläuterungen (Bewertungsvorgehen, Prämissen und Be- urteilungsergebnis). Das Factual Memorandum ist eine vollständige Dokumentation der vorgenommenen Angemessenheitsbeurteilung und gibt detailliert Auskunft über die der Fairness Opinion zu Grun- de gelegten Informationen und Unterlagen.25 f) Übernahmen nach WpÜG Im Rahmen von öffentlichen Übernahmen haben Fairness Opini- ons eine besondere Bedeutung: Liegt für eine Gesellschaft ein öf- fentliches Übernahmeangebot vor, haben Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft nach § 27 WpÜG eine begründete Stellungnah- me zu dem Angebot sowie zu jeder seiner ¾nderungen abzugeben. Eine Fairness Opinion kann die eigenständige Würdigung der Ge- genleistung durch Vorstand und Aufsichtsrat nicht ersetzen.26 Sie dient vielmehr als Information für den Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft. Sofern Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft beabsichtigen, sich in ihrer Stellungnahme an die Aktionäre auf die Fairness Opini- on zu beziehen, sollte der Wirtschaftsprüfer vorher vereinbaren, dass in der Stellungnahme genaue Angaben über Adressat, Zweck, Inhalt und Bedeutung der Fairness Opinion klargestellt werden. IV. Rechtliche Maßstäbe für Fairness Opinions in Deutschland Der Rahmen für Umfang und Inhalt von Fairness Opinions lässt sich neben der spezifischen Situation, für die die Fairness Opinion abgege- ben wird, aus den Regelungen zur Haftung von Organen in Deutsch- land ableiten. Im deutschen Aktienrecht wird dem Vorstand ein grundsätzlicher Ermessensspielraum zugestanden, der auch wirt- schaftlich riskante Entscheidungen umfasst.27 Zugleich ist er damit konfrontiert, für gerade diese riskanten Entscheidungen möglicher- weise persönlich gegenüber der Gesellschaft zu haften. Korrespondierend zu der durch das UMAG verschärften Haftung der Organmitglieder ist im materiell rechtlichen Bereich die gesetz- liche Regelung der aus dem amerikanischen Recht bekannten Busi- ness Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) eingeführt worden.28 Sinn der Business Judgement Rule ist, dem handelnden Organ bei Ausübung seiner Tätigkeit einen gewissen „Safe Habour“ einzuräu- men, innerhalb dessen eine Pflichtwidrigkeit seines Handelns ent- fällt. Bei Heranziehung der nunmehr kodifizierten Business Judgement Rule liegt eine Pflichtverletzung dann nicht vor, wenn das Vorstands- mitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerwei- Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 1589 Abbildung: Formen der Berichterstattung 20 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 43 ff. 21 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz 29 f. 22 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 32. 23 Vgl. hierzu auch Wagner, in: Krolle/Schmitt/Schwetzler (Hrsg.), Multiplikatorverfahren in der Unterneh- mensbewertung, 2005, S. 6. 24 Vgl. hierzu und im Folgenden IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 53 ff. 25 Vergleichbare Vorgaben für die Berichterstattung sind im DVFA-Standard nicht enthalten. 26 Vgl. hierzu und im Folgenden IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 60. 27 BGH, 21.4.1997 – II ZR 175/95, BB 1997, 1169, NJW 1997, 1926. 28 Vgl. Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 2, 3. Aufl. 2008, Vorbem., Rn. 32.
  • 5. Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung? se annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG). Da- bei kommt es maßgeblich auf eine ex-ante-Betrachtung an, und die Angemessenheitsprüfung darf nicht in „hindsight“ vorgenommen werden.29 Die Kernfrage lautet daher, welches Niveau der informatio- nellen Entscheidungsfundierung als ausreichend sorgfältig und daher auch im Falle einer gesellschaftsschädigenden Fehlentscheidung als haftungsausschließend anzusehen ist.30 Die angemessene Informationsbeschaffung steht damit – sofern der Vorstand von der Business Judgement Rule profitieren will – nicht in seinem Ermessen, sondern ist maßgebliche Pflicht.31 Zur Gewährleistung eines angemessenen Informationsniveaus hat er da- bei sämtliche ihm zur Verfügung stehende Erkenntnisquellen aus- zuschöpfen, d.h. durch organisatorische Maßnahmen auch Infor- mationsquellen im eigenen Unternehmen zu erschließen und zu nutzen.32 Eine allgemeine Pflicht des Vorstands zur Einholung einer Stellung- nahme eines Dritten gibt es auf dieser Grundlage nicht. Vielmehr hat der Vorstand unter Abwägung von Kosten und Nutzen bei Einbezie- hung der Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Reichweite seiner Er- mittlungen in seinem Ermessen festzulegen.33 Eine Verpflichtung zur Einholung könnte jedoch dann angenommen werden, wenn ohne ei- nen entsprechenden Rat eine ordnungsgemäß begründete Stellung- nahme nicht abgegeben werden kann.34 Dies gilt insbesondere dann, wenn Vorstand und Aufsichtsrat aus eigener Kenntnis nicht in der La- ge sind, die Angemessenheit der Gegenleistung zu beurteilen. Vielfach wird sich ein Vorstand auch für die Einholung eines Drittgutachtens entscheiden, um seine eigene Glaubwürdigkeit z.B. bei Gewährung von Aktien als Gegenleistung, eventuellen Interessenkonflikten des Vorstands oder Interesse der Gesellschaft an einer Übernahme durch den betreffenden Bieter zu untermauern. Sollte sich der Vorstand für die Einholung einer Fairness Opinion entscheiden, kommt dieser also primär die Funktion zu nachzuwei- sen, dass die Entscheidung des Vorstands auf angemessenen Informa- tionen basierte. Anhand dieses Maßstabs sollte sich dann auch der In- halt der Fairness Opinion ausrichten. V. Diskussion praktischer Anwendungsfragen 1. Inhaltliche Diskussion Ein wichtiger Schwerpunkt des Standards liegt auf der Bewertungs- methodik. Das Multiplikator-Verfahren wird erstmals in einem IDW-Standard ausgiebig beschrieben und als ein bevorzugtes Ver- fahren eingestuft, was auch der üblichen Transaktionspraxis ent- spricht. Dabei liegt der Fokus auf der Erläuterung der erforderli- chen Vorgehensweise einer Multiplikatorbewertung (wie z.B. analy- tische Ableitung einer Peer Group). Bewertungsthemen, die in der Praxis zu Interpretationsspielräumen führen, wie z.B. die Abgren- zung von Nettofinanzverbindlichkeiten,35 werden in dem Standard nicht aufgegriffen. Damit ist der Standard in der Darlegung von bekannten Bewertungsmethoden eher detailliert, während ausle- gungsbedürftige Inhalte offenbleiben. Allerdings sind einer abschlie- ßenden Regelung in einem solchen Standard naturgemäß auch Grenzen gesetzt. Positiv ist, dass die Regelungen des IDW ES 8 von dem Wirtschafts- prüfer einen gewissen Tiefgang der Analysen für die Multiplikatorbe- wertung erwarten,36 zumal die Intensität der Analyse eine unmittel- bare Auswirkung auf die Qualität der Aussagen hat.37 Diese Informa- tion über den Detaillierungsgrad der Analysen ist daher für den Adressat sehr wichtig. Die Dreiteilung der Dokumentation in Opinion Letter, Valuation Memorandum und Factual Memorandum hat einen formellen Charakter, der so in der Transaktionspraxis nicht durchgängig ge- lebt wird. Für die Informationsfunktion einer Fairness Opinion ist positiv, dass in der Dokumentation u.a. auf die Verfügbarkeit und Qualität der Daten eingegangen werden soll.38 Es wäre dabei wün- schenswert, wenn der Wirtschaftsprüfer in der Dokumentation – etwa in vergleichbaren Sinn wie § 8 UmwG in der sachverständigen Prüfung – auch auf generelle Bewertungsschwierigkeiten eingehen würde.39 Bei Umsetzung des Grundgedankens dieser Vorschrift, nämlich die Adressaten über besondere Bewertungsschwierigkeiten zu informieren, würde der Fairness Opinion zusätzliche Aussage- kraft verleihen. Formelhafte Erklärungen sollten dabei möglichst vermieden werden. 2. Erfüllung der Business Judgement Rule? Ob eine Fairness Opinion, die nach den Grundsätzen des IDW ES 8 erstellt ist, eine hinreichende Erkenntnisquelle für den Vorstand darstellt, ist aufgrund des Wortlauts des Standards nicht automa- tisch zu bejahen. Bei der Auswahl des Dritten muss der Vorstand neben der Fachkompetenz und möglichen Interessenkonflikten auch die Plausibilität und Verbindlichkeit der Beratung sowie Kos- ten und Nutzen prüfen.40 Wenn nunmehr der IDW ES 8 als Stan- dard eine Reihe von Einschränkungen vorsieht, unter denen die Fairness Opinion abgegeben wird, ist fraglich, ob der Vorstand noch den Nutzen erlangt, den er durch deren Einholung erwartet. Der IDW weist dabei zu Recht darauf hin, dass die Fairness Opini- on keinen Ersatz für die eigenverantwortliche Beurteilung des Transaktionspreises durch den Auftraggeber ist. Vor diesem Hinter- grund hat der Auftraggeber Kosten und Nutzen einer Fairness Opi- nion nach IDW ES 8 abzuwägen. So liegt z.B. der Fokus der Fairness Opinion nach IDW ES 8 auf der Verarbeitung und Analyse von Daten, nicht aber auf der eigen- ständigen Überprüfung der zugrunde liegenden Unterlagen. Es ist zwar nachvollziehbar, dass eine „Prüfung“ der vorgelegten Daten aus rein praktischen Überlegungen und in Hinblick auf die Zeit kaum möglich sein wird. Eine generelle Plausibilitätskontrolle und eine zumindest stichprobenweise Überprüfung der Widerspruchs- freiheit und Eignung der verfügbaren Daten für die Erstellung ei- ner Fairness Opinion wären aber aus der Sicht eines Organs mögli- cherweise zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht wünschenswert. Zu denken wäre etwa daran, inwieweit z.B. die vorgelegten Daten für 1590 Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 29 BGH, 3.3.2008 – II ZR 124/06, NZG 2008, 389. 30 Vgl. Grundei/v. Werder, AG 2005, 825, 826. 31 OLG Frankfurt, 12.12.2007 – 17 U 111/07, AG 2008, 453 ff: „… Die Entscheidung muss vielmehr mit aller Sorgfalt branchenüblich vorbereitet werden. Voraussetzung für den von der Rechtsprechung eingeräum- ten Handlungsspielraum ist dementsprechend, dass die Entscheidung auf informierter Grundlage und nachvollziehbar getroffen wurde.“ 32 OLG Düsseldorf, 9.12.2009 – I-6 W 45/09, 6 W 45/09, AG 2010, 126 ff: „… dazu alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen. … sind gehalten, eigene Informationsquellen im Unter- nehmen zu schaffen sowie ihr Funktionieren zu überwachen und sie zu nutzen.“ 33 OLG Celle, 28.5.2008 – 9 U 184/07, WM 2008, 1745 ff. 34 OLG Stuttgart, 25.11.2009 – 20 U 5/09, NZG 2010, 141. 35 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto, Handbuch Financial Due Diligence, 2007, S. 351 ff. 36 Vgl. IDW ES 8 (Fn.2), Tz. 24. 37 Vgl. Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, 203 ff. 38 Vgl. IDW ES 8 (Fn. 2), Tz. 52. 39 Vgl. hierzu z. B. IDW, WP Handbuch 2008, Bd. II, 13. Aufl. 2007, D75. 40 BGH, 14.5.2007 – II ZR 48/06, BB 2007, 1801–1803, mit BB-Komm. Müller-Seils, BB 2007, 1803, OLG Stutt- gart, 25.11.2009 – 20 U 5/09, NZG 2010, 141; OLG Celle, 28.5.2008 – 9 U 184/07, WM 2008, 1745 ff.
  • 6. Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Graser/Klüwer/Nestler · Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung? die Fairness Opinion ausreichend aktuell sind oder im Abgleich mit Unternehmensnachrichten konsistent sind. Da eine Fairness Opinion gerade nicht gesetzlich geregelt ist, könnte der Wirt- schaftsprüfer prinzipiell den Auftrag flexibel vereinbaren. Wird die Tätigkeit für eine Fairness Opinion aber quasi per IDW-Standard für den Berufsstand fixiert, ist dies für den Wirtschaftsprüfer (so- fern er Mitglied des IDW ist41 ) grundsätzlich bindend. Eine Erwei- terung des Tätigkeitsspektrums für den einzelnen Wirtschaftsprüfer auf Wunsch eines Auftraggebers kann hier möglicherweise zu Frik- tionen führen. Die Folge ist, dass die Anforderung an die Beschaf- fung anderweitiger Informationen für den Vorstand und die Ent- scheidung über die Angemessenheit – trotz Fairness Opinion – er- höht sind. Insofern ist die Fairness Opinion, wie sie das IDW vorsieht, letztlich keine Garantie dafür, dass bei ihrem Vorliegen mehr oder weniger au- tomatisch von einer angemessenen Informationsbeschaffung ausge- gangen werden kann. Ein Vorstand, der die Anforderungen der Busi- ness Judgement Rule erfüllen möchte, müsste die Regelungen des IDW ES 8 daraufhin kritisch überprüfen, ob diese seinen Anforderun- gen genügen. 3. Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers Die Frage der Unabhängigkeit bei der Erstattung von Fairness Opi- nions wurde in der Literatur schon umfangreich diskutiert.42 So besteht z.B. ein offensichtlicher Konflikt, wenn der Ersteller einer unabhängigen Fairness Opinion im Zusammenhang mit der zu be- urteilenden Transaktion weitere Beratungs- oder Finanzierungsleis- tungen erbringt. Insbesondere eine bereits über einen langen Zeit- raum bestehende Geschäftsbeziehung zwischen Auftraggeber und Ersteller der Fairness Opinion ist als konfliktgefährdet zu beurtei- len. Der IDW ES 8, Tz. 52 sieht vor, dass in dem Opinion Letter eine „Erklärung zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“ abgegeben werden muss, was der Wirtschaftsprüfer eigenverantwortlich prüfen muss. Wie diese Erklärung konkret auszuführen ist, bleibt offen. In der Praxis sind hier verschiedene Varianten, von einer formelhaften Erklärung bis zu einer Erläuterung möglicher Beziehungen zum Auftraggeber, denkbar. Die Empfehlungen des DVFA zur Erstellung von Fairness Opinions gehen in diesem sensiblen Punkt deutlich weiter: So hat der Ersteller alle vertraglichen Beziehungen mit den betreffenden Unternehmen, die Interessenskonflikte begründen können, offenzulegen (z.B. Abschlussprüfung). Ebenso sollte darauf hingewiesen werden, wenn für die Erstellung der Fairness Opinion eine erfolgsabhängige Vergütung oder eine Haftungsfreistellung ver- einbart wurde.43 Eine solche wie vom DVFA vorgesehene Doku- mentation erhöht die Transparenz der Rolle des Erstellers einer Fairness Opinion und führt aufgrund dieser quasi öffentlichen Transparenz zu einem gewissen „Korrektiv“. VI. Zusammenfassung 1. Der IDW ES 8 gibt genaue Vorgaben für eine von einem Wirt- schaftsprüfer durchgeführte Fairness Opinion für die Auftragsan- nahme, wobei bestimmte Tätigkeiten – wie eine zumindest kur- sorische Durchsicht der Datenbasis – nicht vorgesehen sind. Der Auftraggeber sollte prüfen, ob der Auftragsumfang ausreicht oder ob in Hinblick auf die Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht zumin- dest einige Plausibilitätsprüfungen und Stichproben zur Informa- tionsbasis an sich in das Auftragsschreiben mit aufgenommen werden sollten. Durch die Bindung des Wirtschaftsprüfers an den Standard kann es hier aber zu Friktionen kommen, falls das IDW den jetzigen Entwurf des Standards unverändert verabschie- det. 2. Bei den Bewertungsthemen liegt der Schwerpunkt auf den Mul- tiplikatorverfahren, die in einem möglichst analytischen Ansatz herangezogen werden sollten. Der Tiefgang der durchgeführten Analysen bei diesem Verfahren beeinflusst die Qualität der Er- gebnisse. 3. Der IDW ES 8 erweckt den Eindruck, dass sich bei Anwendung weitgehend Standardformulierungen in den von Wirtschaftsprü- fern erstellten Fairness Opinions finden werden. Der Nutzen einer Fairness Opinion dürfte für den Adressaten aber am größten sein, wenn formelhafte Beschreibungen nur selektiv verwendet werden und stattdessen die Rahmenbedingungen, die Informationsbasis, die Besonderheiten sowie Bewertungsschwierigkeiten der zu beur- teilenden Transaktion aus der entsprechenden Perspektive indivi- duell herausgearbeitet werden. 4. Gemäß IDW ES 8 soll der Wirtschaftsprüfer nach eigener Ver- antwortung seine Unabhängigkeit für die Erstellung der Fairness Opinion prüfen. Eine neutrale, transparente Darstellung be- stehender Beziehungen des Wirtschaftsprüfers in der laufenden Transaktion (wie z.B. im DVFA-Standard vorgeschlagen) würde den Aussagegehalt einer Fairness Opinion nach IDW ES 8 er- heblich stärken. // Autoren h Dipl.-Kfm. Michael Graser ist Certified Valuation Ana- lyst und Director bei der Valnes Corporate Finance GmbH, Frankfurt. Er ist Experte für die Bewertung von Unternehmen und immateriellen Vermögenswerten, Financial Due Diligences sowie für Kaufpreisallokatio- nen. Bettina C. Klüwer, RAin, ist Counsel bei Linklaters LLP, Frankfurt. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind Unterneh- menskäufe und -verkäufe, Joint Ventures sowie die ge- sellschaftsrechtliche Beratung von Restrukturierungen. Dr. Anke Nestler ist öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Unternehmensbewertung sowie für die Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IHK Frankfurt) und geschäftsführende Gesellschafterin der Valnes Corporate Finance GmbH, Frankfurt. Betriebs-Berater // BB 26.2010 // 21.6.2010 1591 41 Laut Aussage des IDW ist die absolute Mehrheit der Wirtschaftsprüfer entweder direkt (85,62 % aller Wirtschaftsprüfer) oder über eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mitglied des Instituts der Wirtschafts- prüfer in Deutschland e. V. 42 Vgl. hierzu z. B. Borowicz, M&A Review 2005, 257 ff., DVFA Expert Group „Fairness Opinion“, FB, 2007, 678; Davidoff, American University Law Review Vol. 55, 2006, 1586. 43 Vgl. DVFA Grundsätze für Fairness Opinions, in: DVFA Finanzschriften Nr. 07/2008, insbes. Abschn. B.6.