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9. Jahrgang
                                                                                    Heft 5
                                                                                    September 2004
Deutsche Arachnologische Gesellschaft e.V.




                                             in dieser Ausgabe:
                                             • Skorpione – eine kurze Übersicht
                                              Teil I: Anatomie und Biologie
                                             • Parthenogenese bei Skorpionen am Beispiel von
                                              Tityus serrulatus LUTZ & MELLO, 1922 [Tityus stig-
                                              murus (THORELL, 1876) sensu LOURENÇO]
                                             • RICHARD GALLON – ein junger Systematiker auf
                                              der Suche nach Vogelspinnen in Südafrika
                                             • Buchrezension: LEEMING, J.: Scorpions of Southern
                                              Africa
                                                                                     ISSN 1613-2688
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                                  ARACHNE 9(5), 2004
                                              Impressum                                                                                                                     Inhalt
Redaktion                                                     Text Format oder *.txt) per E-Mail, 3,5" Diskette oder                                                                                                          Seite:
Volker von Wirth               Martin Huber                   CD-R. Gattungs- und Artnamen sind kursiv zu schrei-
Lilienstr. 1                   Dorfstr. 5                     ben, Überschriften sollen hervorgehoben werden, wei-
71723 Großbottwar              82395 Obersöchering            tere Formatierungen sind zu unterlassen.
    von-wirth@dearge.de           huber@dearge.de             Mit der Abgabe des Manuskripts versichern die Auto-          Skorpione – eine kurze Übersicht
                                                              ren, dass sie allein befugt sind, über die urheberrechtli-   Teil I: Anatomie und Biologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 - 11
Tobias Dörr                    Marcus Löffler                 chen Nutzungsrechte an ihren Beiträgen, einschließlich
Falkenstr. 24                  A. d. Ronnenheide 6a           eventueller Bild- und anderer Reproduktionsvorlagen
                                                                                                                           von Boris Striffler
30449 Hannover                 45731 Waltrop                  zu verfügen und dass der Beitrag keine Rechte Dritter
   doerr@dearge.de                loeffler@dearge.de          verletzt.                                                    Parthenogenese bei Skorpionen am Beispiel von Tityus ser-
                                                              Eingereichte Manuskripte werden ggf. an die Formatie-        rulatus LUTZ & MELLO, 1922 [Tityus stigmurus (Thorell, 1876)
Kleinanzeigen, Kontakte & Leserbriefe                         rung und den Stil des Journals angepasst. Rechtsschrei-
Kleinanzeigen können von Mitgliedern in beliebiger            bung und Grammatik werden überprüft und gegebe-              sensu LOURENÇO] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 - 16
Anzahl an die Anzeigenannahme geschickt werden. An-           nenfalls geändert.                                           von Alexander Tietz
nahmeschluss ist der 10. eines jeden Monats. Zu spät
eingehende Anzeigen werden nicht automatisch in der           Copyright 2004                                               RICHARD GALLON – ein junger Systematiker auf der Suche nach
nächsten Ausgabe veröffentlicht. Wir veröffentlichen          Die Vervielfältigung jedweder Art (auch auszugsweise)
auch alle Informationen über Börsen und Ausstellun-           bedarf der schriftlichen Genehmigung durch die               Vogelspinnen in Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 - 20
gen. Kleinanzeigen und Termine bitte per E-Mail,              DeArGe e.V. Sofern nicht anders angegeben, stammen           von Timo Raab und Kristin Finke
maschienengeschrieben bzw. in Druckbuchstaben an              die Bilder von der Redaktion. ISSN 1613-2688
die Anzeigenannahme schicken!                                                                                              kürzlich publiziert
                                                              Titelfoto: Babycurus jacksoni, Jungtier
Anzeigen- & Leserbriefannahme                                 Foto: Boris Striffler                                                    Buchrezension: L EEMING, J. (2003): Scorpions of Southern
Michaela Biese                                                                                                                         Africa. Struik Publishers, Kapstadt. 88 Seiten. . . . . . . . . . .21 - 22
Düsterbeck 51                                                 Bankverbindung
45731 Waltrop                                                 Deutsche Arachnologische Gesellschaft e.V.
                                                              Raiffeisenbank Frechen+Hürth eG                              Vereine informieren
   anzeigenannahme@dearge.de
   leserbriefe@dearge.de                                      Kontonummer: 701493010                                                   Der Vogelspinnen- und Reptilienstammtisch Mainz geht
                                                              BLZ: 37062365                                                            an die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 - 24
Nachbestellservice
Fehlende Ausgaben der »ARACHNE« (ehem. »Mittei-               Fachbeiräte                                                              Raritäten auf 6 bis 8 Beinen – Tagung der »ZAG Wirbel-
lungen«) können schriftlich bei der Redaktion nachbe-         * für Systematik und Taxonomie
                                                              Dipl. Biol. Boris Striffler                                              lose im Terrarium« e.V. in Wernigerode . . . . . . . . . . . . . . . 24 - 29
stellt werden (sofern noch vorhanden). Die Kosten
betragen pro Heft 5 EUR.                                      Zoologisches Forschungsinstitut
                                                              und Museum A. Koenig                                                     Vogelspinne e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 - 33
Artikel                                                       53113 Bonn
                                                                                                                                       Arachnida Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 - 36
Berichte über Haltung, Reisen oder sonstige interessan-
te Themen werden gerne entgegengenommen und in                * für Vogelspinnenökologie und -ethologie
der Reihenfolge des Eingangs veröffentlicht. Wir setzen       Dipl. Biol. Dirk Weinmann                                    Presse & Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 - 37
die Einhaltung unseres Ethikkodexes und ebenso auch           70734 Fellbach
die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen voraus.
                                                              * für Vogelspinnentoxikologie und -biochemie
                                                                                                                           Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge geben
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und der             Dipl. Biol. Volker Herzig
DeArGe e.V. wieder. Für Berichte und auch für die             Zoologisches Institut der Fakultät für Biologie der          Vereinsnachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 - 47
Anzeigen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich.        Universität Tübingen
Für unverlangt eingesandtes Redaktionsmaterial (Ma-           Abteilung Neuropharmakologie                                 zum Schmunzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
nuskripte, Fotos, Bücher, etc.) kann keine Haftung            72076 Tübingen
übernommen werden.
                                                              Druck                                                        Kleinanzeigen & Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Hinweise für Autoren                                          Druck + Papier Meyer GmbH
Beiträge können in handschriftlicher, maschinenge-            91443 Scheinfeld                                             Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 - 50
schriebener oder computerbearbeiteter Form einge-             ℡ 09162-9298-0
reicht werden. Bevorzugt werden Manuskripte in elek-                                                                       Stammtische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
tronischer Form (WinWord, StarOffice Writer, Rich-            Internet: http://www.dearge.de

                                                          2                                                                                                                     3
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                        ARACHNE 9(5), 2004




Skorpione – eine kurze Übersicht                                                                                 leicht aufgrund ihres Körperbaus von allen           meist die seitlichen Kiele (engl. lateral cari-
                                                                                                                 anderen Spinnentieren zu unterscheiden. So           na), deren Vorhandensein, wie auch die Gra-
Teil I: Anatomie und Biologie                                                                                    fällt gleich der deutlich dreigeteilte Körper        nulierung zwischen diesen. Am wichtigsten
von Boris Striffler                                                                                              auf, der in Prosoma (Vorderkörper), Meso-            ist das Segment V, bei dem fast alle Seiten
                                                         Iurus dufoureius Dorsalansicht:                         soma (Mittelkörper oder Rumpf) und das               und Kiele je nach Art zur Bestimmung her-
                                                         1 Chela, Tibia, 2 Patella, 3 Femur, 4 Trochan-
                                                         ter, 5 Chelizere, 6 Medianaugen, 7 Lateralau-           den Stachel tragende Metasoma (Hinterleib            angezogen werden. Bei den Vertretern der
ZUSAMMENFASSUNG                                          gen, 8 Carapax, 9 Mesosoma mit den Tergiten,            oder Schwanz) untergliedert wird. Insgesamt          Buthidae Nordafrikas werden besonders die
                                                         10 Metasoma, 11 Telson. Foto: Boris Striffler
                                                                                                                 werden die Skorpione als sehr ursprüngliche          Bezahnung der ventralen lateralen Kiele und
Der erste Teil einer dreiteiligen, kurzen                                                                        (basale) Vertreter der Spinnentiere angese-          die distale Bezahnung (engl. anal arch) her-
Übersicht über Skorpione be handelt                                                                              hen, da sie noch eine vollständige Gliede-           angezogen.
die Anatomie und Biologie. Neben ei-                                                                             rung aufweisen. Bei Spinnen ist die Gliede-
nem Über blick über die grundlegende                                                                             rung des Hinterleibs nur noch in der                 MESOSOMA
Anatomie und die ökologischen Anpassun-                                                                          Embryonalentwicklung oder bei den Liphi-
gen, wie der Fuß struktur, wird besonders                                                                        stiidae zu beobachten.                                Neben den Kielen des Metasomas werden
auf die wichtigen Merkmale zur Bestim-                                                                                                                                 ebenfalls die Kiele des Mesosomas zur Be-
mung von Skorpionen eingegangen. Außer-                                                                          ANATOMIE                                              stimmung genutzt. Zum einen sind es be -
dem werden Fort pflanzung und Entwick-                                                                                                                                 sonders die Kiele des ersten Rückenseg-
lung bei Skorpionen behandelt. Abschlie -                                                                        Der Körper der Skorpione wird in Vorder-              ments und des letzten, siebten Segments
ßend werden Gift und Giftwirkung von                                                                             (Pro-) Mittel- (Meso-) und Hinter- (Meta-)            sowohl der Rückenseite als auch der Bauch-
Skorpionen besprochen sowie eine kurze                                                                           -Körper (-soma) unterteilt. Meist wird                    seite. Die einzelnen Segmente werden
Zusammenfassung der außergewöhnli-                                                                               jedoch von Vorder-, Hinterleib                             auch als Rücken- (Tergite) oder Bauch-
chen Strahlenresistenz gegeben.                                                                                  und Schwanz gesprochen. All-                               platten (Sternite) bezeichnet.
                                                                                                                 gemein wird die O ber seite                                     Die ursprüngliche Zahl der Kiele der
ABSTRACT                                                                                                         (der Rü cken) als dorsal                               Tergite ist drei (gut zu sehen bei Hottentotta
                                                                                                                 und die Un ter sei te (der                                                     franzwerneri gentili auf Farb-
The first part of a trilogy on scorpi-                                                                           Bauch), als ven tral be -                           Auf den Segmenten          tafel Abb. 2). Nur in Aus-
                                                                                                                                                                     I-V am Metasoma von
ons focuses on anatomy and biology.                                                                              zeichnet.                                           Androctonus sind die       nahmen, wie bei Leiurus et-
                                                                                                                                                                     (meisten) Kiele deut-
Besides an overview of basic anatomy                                                                                                                                 lich zu sehen:             wa, findet man fünf Kiele
and ecological adaptations (like tarsal                                                                          METASOMA                                            1 Aculeus (Stachel)        (siehe Farbtafel Abb. 3).
                                                                                                                                                                     2 Gift-Blase (Vesikel)
structure), important characters for                                                                                                                                 3 anal arch                Die se Besonderheit von
                                                                                                                                                                     4 bei manchen Skor-
determining scorpions are highlighted.                                                                           Die Segmente des                                       pionen befindet         fünf Kielen auf den ersten
Within the biological part reproduction                                                                          Me tasomas werden                                      sich hier ein weite-    bei den Ter giten kommt
                                                                                                                                                                        rer Kiel
behaviour and development, as well as ve-                                                                        ebenso, wie die des                                 5 Dorsal-Kiel              auch durch den Artnamen
                                                                                                                                                                     6 Lateral-Dorsal-Kiel
nom and venom potential are re viewed.                                                                           Mesosomas (I-V), mit                                7 Lateral-Ventral-Kiel     Leiurus quinquestriatus (lat.
Lastly the extraordinary radioresistance of                                                                      lateinischen Zahlen (I-                             Foto: Boris Striffler      quinquestriatus ⇒ fünf
scorpions is summarized.                                                                                         VII) be zeichnet. Auf                                                     ge streift) zum Ausdruck. Auf
                                                                                                                 dem Metasoma sind ur-                                                     dem letzten Rückenschild fin-
EINLEITUNG                                                                                                       sprüng lich 10 Kiele pro                                                  det man ge nau, wie auf dem
                                                                                                                 Segment vorhanden. Diese                                                  Bauch schild, vier Kiele. Alle
Innerhalb der Spinnentiere bilden die Skor-       Iurus dufoureius                                               können je nach Art reduziert                                              diese Kiele und ebenso die ein-
                                                  Ventralansicht:
pione, neben den Spinnen (Araneae) und            1 Coxa der Pedi-                             mur, 8 Patella,   sein, wie z.B. bei Euscor pius bale -                                zelnen Tergite bzw. Sternite kön-
Weberknechten (Opiliones), eine eigene            palpen, 2 Sternum,
                                                  3 Pectines, 4 Sternit,
                                                                                             9 Tibia, 10 Basi-
                                                                                          tarsus, 11 Tarsus.
                                                                                                                 aricus, wo keine Kiele mehr vorhanden sind.           nen von Art zu Art sehr verschieden ausge-
Ord nung, die Scorpiones. Skorpione sind          5 Coxa, 6 Trochanter, 7 Fe-       Foto: Boris Striffler        Die zur Bestimmung wichtigen Kiele sind               prägt sein, von sehr stark und granuliert, wie
                                              4                                                                                                                  5
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                                        ARACHNE 9(5), 2004



bei Hottentotta franzwerneri gentili, bis zu kom-       Sternums kann von fünfeckig (pentagonal)               Haare (Setae) auf der Unterseite der Tarsi.                        gegenüberliegende Teil der Tibia als unbe-
plett fehlend, wie bei Iomachus politus (Farbta-        bis zu schlitzförmig, dreieckig reichen und            Diese langen Borsten haben einen ähnlichen                         weglicher Finger bezeichnet. Die Pedipalpen
fel Abb. 1 & 2).                                        wird u.a. auch als Bestimmungsmerkmal für                                                                                 oder Scherenhände tragen die wichtigsten
                                                        die Überfamilienzugehörigkeit genutzt (drei-                                                                              Merkmale bei der Bestimmung von Skorpio-
PROSOMA                                                 eckig ⇒ Buthoidea; fünfeckig ⇒ Scorpio-                                                                                   nen, die Trichobothrien (Farbtafel Abb. 8).
                                                        noidea) (Farbtafel Abb. 5 & 6). Wie schon                                                                                 Diese befinden sich auf allen Segmenten der
Der Vorderkörper der Skorpione trägt dor-               er wähnt, setzen die meisten Extremitäten                                                                                 Pedipalpen, hier sollen jedoch nur die wich-
sal den Carapax, der die beiden Medianau-               am Prosoma an. Die Kämme werden von                                                                                       tigsten herausgegriffen werden.
gen ungefähr in der Mitte sitzen hat. Dane-             manchen Autoren als umgewandelte Lamel-                                                                                       Zum einen handelt es sich hierbei um
                                                                                                                Grabenden Skorpione, wie die meisten Pandinus-Arten (hier
ben haben die meisten Arten zwei bis fünf               len der Buchkiemen der Schwertschwänze                  Pandinus exitialis), haben starke Dornen.
                                                                                                                                                                                  die mittlerweile fünf Typen von Trichobo-
Lateral- oder Seitenaugen.                              (z.B. S AVORY 1977) angesehen und daher                 Foto: Boris Striffler                                             thrienkonfigurationen. Typ A findet sich nur
    Der Carapax vieler Skorpione ist mit                zum ersten Mesosomasegment zugeordnet                                                                                     bei den Buthidae, Typ B bei den Chaerilidae,
Kielen versehen, die wichtig für die Artbe-             und später behandelt.                                  Effekt wie Schneeschuhe und verhindern                             Typ P bei den ausgestorbenen, paläozoi-
stimmung sind (Farbtafel Abb. 3 & 4).                                                                          das Einsinken in feinem Sand.                                      schen Skorpionen, Typ D bei den Pseu-
    Ebenso wie bei Meta-/Mesosoma sind                  EXTREMITÄTEN                                               Bewohner von Felsspaltensystemen, wie                          dochactidae und Typ C bei allen übrigen
auch die Kiele des Prosomas wichtige Merk-                                                                     Hadogenes oder Opisthacanthus, haben dagegen                       Familien (Einteilung nach SOLEGLAD & FET
male bei der Bestimmung der Gattungen.                  Die Extremitäten (Beine, wie auch Pedipal-             sehr stark gebogene und kurze kräftige                             2001). Bei den Buthidae unterscheidet man
Die wichtigsten Merkmale sind die lateralen,            pen) sind, wie bei den meisten ursprüngli-             Ungues und an Stelle der langen Haare zwei                         noch einmal die Konfiguration α und β, die
posterior lateralen Kiele sowie die Granulie-           chen Spinnentieren, gegliedert. Man be -               Reihen kurzer starker Dornen. Die übrigen                          auf der Anordnung der Trichobothrien auf
rung des Prosomas. So sind Buthus-Arten                 zeichnet sie vom Körper (proximal) aus als             Skorpione haben meist eine Kombination                             der dorsalen Seite des Femurs beruhen. Wei-
leicht an den beiden miteinander verbunde-              Coxa, Trochanter, Femur, Patella, Tibia, Tar-          aus Haaren und Borsten.                                            tere wichtige Merkmale sind die Anordnung
nen lateralen und posterior lateralen Kielen,           sus und Basitarsus. Auch hier sind Dorne                   Die Einteilung der Glieder der Scheren-                        auf Patella (ventral/external) und Chela (ex-
der sog. Leier leicht zu erkennen (Farbtafel            und Behaarung der Tarsi wichtig bei der Be-            hände ist von proximal nach distal: Coxa,                          ternal/internal).
Abb. 4) (siehe dazu auch STRIFFLER in Vorb.             stimmung. Die Art und Ausprägung von                   Trochanter, Femur, Patella, Tibia, Tarsus.                             Die Granulierung und Kiele, auch als
b). Weitere wichtige Merkmale sind die An-              Tarsus, Behaarung/Bedornung und Ausprä-                Die beiden letzten Glieder, Tibia und Tar-                         Skulptur der Pedipalpen bezeichnet, zeigen
zahl und Position der Augen. Bei Skorpio-               gung der Tarsalklaue (Unguis) geben Aus-               sus, bilden dabei die eigentliche Schere                           z.T. deutliche Unterschiede auch zwischen
nen findet man zwei Medianaugen, die mehr               kunft über das Habitat und damit die Le -              (Chela). Dabei wird der Tarsus auch als be-                        nahe verwandten Arten. Sie kann z.B. bei
oder minder in der Mitte des Carapax liegen.            bensweise der Skorpione. Wüs -                         weglicher Finger der Chela und der diesem                          Pandinus-Arten von ganz glatt (Pandinus viato-
Daneben gibt es noch Lateral- oder Seiten-              tenbewohner, wie Buthacus oder
augen, deren Anzahl normalerweise drei ist,             Androctonus, haben un-
aber auch bis zu fünf (z.B. Leiurus) reichen            paare lang gestreck-
kann. Außerdem gibt es noch mehr oder                   te Ungues und
minder star ke Reduktionen, die im ex -                 sehr lange
tremsten Fall, wie bei Belisarius xambeui, bis          dichte
zum vollständigen Fehlen der Augen gehen
kann. Diese blinden Skorpione (neben Beli-
sarius, auch Troglotayosicus aus Ekuador) ori-
entieren sich dann komplett mittels Tast-
und chemischen Sinnen.
    Die Unterseite des Vorderkörpers be -
steht aus dem zentralen Sternum, an dem
                                                         Sandbewohnende Skorpione tragen lange Haare auf den
die Coxae der Beine und Scherenhände an-                 Tarsen, wie bei diesem Buthacus leptochelys.           Unterschiedlich starke Granulierung der Pedipalpen selbst bei verwandten Arten: Pandinus viatoris, P. pallidus und P. smithii.
setzen (Farbtafel Abb. 5 & 6). Die Form des              Foto: Boris Striffler                                  Fotos: Boris Striffler

                                                    6                                                                                                                         7
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                    ARACHNE 9(5), 2004



ris), über leicht buckelig (P. pallidus), bis zu       gere Zeit noch auf dem Rücken der Mutter        PAARUNGSVERHALTEN                                                 einen komplexen Mechanismus verfügt, der
sehr stark und spitz skulpturiert reichen (P.          (Farbtafel Abb. 9). Die Dauer des Herum-                                                                          es ermöglicht, dass das Weibchen die Sper-
smithii). Daneben sind auch die Granulie-              tragens durch die Mutter hängt grund -          Um jedoch die faszinierende Brutpflege, z.B.                      mien aufnimmt. Bei einigen Skorpionen, wie
rung von Ober- und Unterseite bei Femur                sätzlich vom Entwicklungstyp ab, variiert       bei Pandinus, beobachten zu können, muss                          z.B. bei Hadogenes, sticht das Männchen das
und Patella, so wie das Vorhandensein von              aber auch innerartlich.                         zuerst einmal eine Paarung stattfinden. Die-                      Weibchen während der Paarung. Manche
Kie len wichtig. Bei der Familie Buthidae                  Bei den Skorpionen unterteilt man zwei      se wird vom unerfahrenen Halter häufig mit                        Halter gehen dann zwischen die möglichen
wird häufig auch die Bezahnung des beweg-              Typen innerhalb der Embryonalentwicklung        einem Ringkampf, also Aggressionen unter                          Kontrahenten und verhindern so eine er -
lichen Fingers, der Chela, zur Art- und Gat-           (nach LAURIE 1896a), welche als apoikogen       den Tieren, verwechselt und daraufhin abge-                       folgreiche Paarung. Diese ist aber nur nach
tungsunterscheidung benutzt.                           und katoikogen bezeichnet werden. Die Be-       brochen.                                                          einen »Kopulationsstich« möglich und man-
     Die ebenfalls am Vorderkörper befindli-           zeichnungen leiten sich dabei vom Fehlen            Schon relativ früh tauchten Beschrei-                         cher wundert sich, warum er nie »friedliche«
chen Chelizeren sind bei Skorpionen noch               von Divertikeln = apoikogen (vom Griechi-       bungen des auch als »promenade a deux«                            Hadogenes zur erfolgreichen Paarung ohne
ursprünglich dreigliedrig und sehen aus wie            schen: fern von zu hause) und Vorhanden-        (Farbtafel Abb. 10) bezeichneten »Paarungs-                       Stich bringt. Weibliche Skorpione sind fähig,
kleine Scheren. Deren Bezahnung wiederum               sein von Divertikeln = katoikogen (vom          tanzes« der Skorpione auf (z.B. REDI 1719                         auch ohne weitere Paarung mehrmals Nach-
ist ein weiteres Merkmal zur Unterscheidung            Griech.: zu hause). Bei den katoikogenen        oder FABRE 1914). Aber erst in den 50er                           wuchs zu gebären. Bei einigen Buthidae
von Großgruppen, wie Familien und Gat-                 Skorpionen zweigen vom weiblichen Uterus        Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der kom-                        (Centruroides, Isometrus, Tityus) konnten zwi-
tungen.                                                gestielte, die Embryonen umschließende          plizierte Mechanismus der Spermienübertra-                        schen drei bis zu fünf Nachzuchten ohne
     Die Geschlechter lassen sich bei Skor-            »Taschen« ab, die Divertikel. In denen reifen   gung beschrieben (A NGERMANN 1955;                                weitere Paarung beobachtet werden (KOVO-
pionen bei adulten Tieren zumeist gut unter-           die dotterlosen Eier zu Embryonen heran,        ALEXANDER 1956).                                                  OR et al. 1987). Eine weitere Besonderheit in
scheiden. Dies reicht von Merkmalen, wie               die sich mittels eines speziellen, an einen         Während des Paarungstanzes greift das                         der Fortpflanzung stellt die Jungfernzeu-
einer größeren Anzahl von Kammzähnen                   Rüssel erinnernden, Mundapparats ernäh-         Männchen die Scheren des Weibchens und                            gung, oder sog. Parthenogenese, dar. Dabei
(Farbtafel Abb. 7), einer größeren Länge des           ren. Bei den apoikogenen Skorpionen sind        scheint mit ihm zu tanzen, da sich die Tiere                      reproduzieren sich die weiblichen Skorpio-
einzelnen Kammzahns und einer unter-                   dotterreiche Eier über kurze »Stiele« direkt    rhythmisch vor und zurück bewegen. Ei -                           ne, ähnlich wie einige Stabschrecken (z.B.
schiedlichen Form des Genitaloperculums,               mit dem Uterus verbunden und werden             gentlich sucht das Männchen aber nach ei-                         Carausius morosus), ohne eine Paarung. Am
welche man mehr oder weniger ausgeprägt                über Dotter sowie Nährstoffen aus dem           nem geeigneten Untergrund, auf dem es                             bekanntesten ist dies sicher bei dem süda-
bei fast allen männlichen Skorpionen findet,           mütterlichen Gewebe ernährt.                    sein gestieltes Spermienpaket, die Spermato-                      merikanischen Tityus serrulatus (Farbtafel
bis zu verlängerten Metasomasegmenten                      Skorpione mit apoikogener Entwicklung       phore, absetzen kann. Die Übertragung der                         Abb. 15) (siehe dazu den Bericht von TIETZ
oder verlängerten Pedipalpen. Eine ausführ-            bleiben nur für kurze Zeit auf dem Rücken       Spermien erfolgt also nicht direkt, sondern                       2004 in diesem Heft), da es alle Jahre wie-
liche Betrachtung des Geschlechtsdimor-                der Mutter (ca. eine Woche), da sie schon       indirekt durch eine Spermatophore, die über                       der zu explosionsartigem Massenauftreten,
phismus bei Skorpionen findet sich bei                 relativ weit entwickelt geboren werden. Sie                                                                       bei den Einheimischen »surtos« ge nannt,
STRIFFLER in Vorb. a.                                  können sich schon recht bald selbstständig                                                                        kommt (L OUR ÇENO & C UELLAR 1995,
                                                       ernähren und haben schon bei der Geburt                                                                           LOURÇENO et al. 1996).
BIOLOGIE                                               eine beige bis bräunliche Farbe. Hierzu zäh-
                                                       len z.B. die Buthidae, Euscorpiidae, Iuridae                                                                      GIFT UND GIFTWIRKUNG
FORTPFLANZUNG                                          und Vaejovidae.
                                                           Bei den katoikogenen Skorpionen dage-                                                                         Innerhalb der mehr als 1.800 Skorpion-
Im Gegensatz zu den übrigen Spinnentieren              gen sind die Larven bei der Geburt schnee-                                                                        Arten sind nur ca. 25 für den Menschen
legen Skorpione keine Eier, sondern sind               weiß und kaum beweglich. Diese Skorpione,                                                                         gefährlich (POLIS 1990). Diese gehören bis
ovovivipar, d.h. die Embryonen werden im               wozu z.B. die bekannten Scorpionidae und                                                                          auf eine Ausnahme, der Gattung Hemiscorpi-
Leib der Mutter ausgebrütet. Bei der Geburt            Liochelidae (früher Ischnuridae) zählen, ver-                                                                     us (Familie Hemiscorpiidae), zur Familie
bildet die Mutter mit ihren Beinen einen sog.          bleiben wenigstens zwei Wochen auf dem                                                                            Buthidae. Am wichtigsten sind die afrikani-
                                                                                                        Ein Vertreter der für den Menschen gefährlichsten Skorpio-
Geburtskorb und hilft den neugeborenen                 Rücken der Mutter, wo sie sich auch zwei-        ne, die südamerikanische Gattung Tityus, mit typischen           schen Gattungen Parabuthus (Farbtafel Abb.
Skorpionen beim Besteigen ihres Rückens.               mal häuten. Erst danach sind katoikogene         schmalen Scheren und dem markanten Zahn unter dem                13 & 14), Androctonus, Hottentotta und Leiurus
                                                                                                        Stachel (fälschlich »Doppelstachel« genannt).
Die jungen Skorpione bleiben dann für län-             Skorpione fähig, sich selbst zu ernähren.        Foto: Martin Huber                                               sowie besonders die amerikanischen Centrur-
                                                   8                                                                                                                 9
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                        ARACHNE 9(5), 2004



oides und Tityus (siehe nebenstehendes Bild).        pionen eine sehr starke Resistenz gegen          tophorenübertragung bei Euscorpius ita-                 nism in Brazil in recent years. Journal of
Vertreter der beiden zuletzt genannten Gat-          radioaktive Strahlung festgestellt werden        licus (Herbst) (Scorpiones, Chactidae).                 Venom and Animal Toxins 2(2): 121-134.
tungen sind dabei die gefährlichsten, da bei         (G OYFFON 1973, G OYFFON & ROMAN                 Naturwissenschaften 42(10): 303-306.                POLIS, G. A. (1990): Introduction. in POLIS,
Stichen dieser eine Serumgabe unabdingbar            2001). Die für Androctonus amoreuxi letale    FABRE, J. H. (1914): Skorpionen-Hochzeit und               G. A., ed. Biology of Scorpions. Stanford
ist (K LEBER et al. 1999). Bei den giftigen          Dosis liegt mit 60.000 Röntgen (r) um den        andere Bilder aus der Insektenwelt. Kosmos,             University Press, Stanford, California. 1-8.
afrikanischen Arten ist eine Serumgabe               Faktor 100 höher, als die des Menschen           Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart.           RADMANESH, M. (1998): Cutaneous mani-
nicht nötig oder die Wirkung fragwürdig              (600r). Ohne Weiteres überlebten die wüs-     GOYFFON, M. (1973): Die natürliche Strah-                  festations of the Hemiscorpius lepturus
(KLEBER et al. 1999).                                tenbewohnenden A. amoreuxi 165 Tage nach         lenresistenz der Skorpione. Image roche                 sting: a clinical study. International Journal
                                                     einer Dosis von 40.000r, bei den ebenfalls       57: 27-32.                                              of Dermatology 37: 500-507.
GIFTIG – UNGIFTIG?!                                  wüstenbewohnenden A. australis lag die        G OYFFON, M. & V. ROMAN (2001): Radi-                  R EDI , F. (1719): Opusculorum pars prior,
                                                     Überlebensdauer dagegen schon nur noch           oresistance of Scorpions. in BROW-                      sive Experimenta circa Generationem
Wie kann man nun giftige und ungiftige               bei 55 Tagen, die aus feuchten Küstenwäl-        NELL, P. H. and G. A. POLIS, eds. Scor-                 Insectorum. Theodorum Haak & Samuel
Skorpione auf den ersten Blick unterschei-           dern Guadeloupe stammenden Centruroides          pion Biology and Research. Oxford Univer-               Luchtmans, Lugduni Batavorum [Leiden].
den? Am einfachsten (und gröbsten) ist es,           testaceus starben schon nach 2 Tagen (GOYF-      sity Press, New York. Chapter 17: 393-405.          SAVORY, T. (1977): The Arachnida. 2nd editi-
die Form der Scheren zurate zu ziehen.               FON 1973).                                    KLEBER, J., P. WAGNER, N. FELGENHAU-                       on. Academic, London. 340 S.
Skorpione mit sehr schmalen pinzettenför-                                                             ER , M. K UNZE & T. Z ILKER (1999):                 SOLEGLAD, M. E. & V. Y. FET (2001): Evo-
migen Scheren zählen meist zur Familie               Im zweiten Teil dieser kleinen Serie über        Vergiftung durch Skorpionstiche. Deut-                  lution of scorpion orthobothriotaxy – A
Buthidae und gehören damit zu den potenti-           Skorpione wird zuerst ein Überblick über         sches Ärzteblatt 96 Heft 25: 27-32.                     cladistic approach. Euscorpius 1: 1-38.
ell auch für den Menschen giftigen Skorpio-          Systematik und Verbreitung sowie ein Be -     K OVOOR , J., W. R. L OURÇENO & A.                     STRIFFLER, B. F. (in Vorb. a): Geschlechts-
nen (Farbtafel Abb. 11). Haben die Skorpio-          stimmungsschlüssel bis zur Familie folgen        MUNÑOZ-CUEVAS (1987): Conservation                      dimorphismus bei Skorpionen (Chelice-
ne dagegen kräftige schaufelförmige Sche-            (STRIFFLER in Vorb. c). Im abschließenden        des spermatozoids dans les voies génita-                rata, Scorpiones). Arthropoda.
ren, so handelt es sich zumeist um harmlose          dritten Teil wird dann auf die Haltungsan-       les des femelles et biologie de la repro-           S TRIFFLER, B. F. (in Vorb. b): Wüstenbe-
Vertreter, wie z.B. Pandinus, Euscorpius oder        sprüche von Skorpionen eingegangen               duction des Scorpions (Chélicerates).                   wohner Nordafrikas. DATZ.
Heterometrus (Farbtafel Abb. 12). Allerdings         (STRIFFLER in Vorb. d).                          Comptes rendus de l'Académie des sciences de        STRIFFLER, B. F. (in Vorb. c): Skorpione –
ist die hierzu zählende Gattung Hemiscorpius                                                          Paris Ser. III, 304(10): 259-264.                       eine kurze Übersicht. Teil II: Systematik
auch für den Menschen gefährlich (siehe              DANKSAGUNG                                    LAURIE, M. (1896a): Notes on the Anatomy                   und Bestimmungsschlüssel. ARACHNE
z.B. RADMANESH 1998), was zeigt, dass die                                                             of some Scorpions, and its bearing on                   9(6).
Verallgemeinerung schmale Scheren ⇒ gif-             Mein Dank gilt der Firma b.t.b.e., Schnür-       the Classification of the Order. Annals             STRIFFLER, B. F. (in Vorb. d): Skorpione –
tig; kräftige Schere ⇒ ungiftig nicht immer          pflingen, hier besonders MARTIN THIERER-         and Magazine of Natural History 6 ser. Vol.             eine kurze Übersicht. Teil III: Haltung
zutrifft. Absolute Sicherheit ist meist nur          LUTZ für die Bereitstellung von Skorpionen.      17: 185-194.                                            im Terrarium. ARACHNE 10(1).
gegeben, wenn die Skorpione bis zur Art be-          Ein besonderer Dank geht an S IEGFRIED        LEGROS, C., M.-F. MARTIN-EAUCLAIRE &                   TIETZ, A. (2004): Parthenogenese bei Skor-
stimmt sind.                                         HUBER, Oberuhldingen, der ebenfalls Skor-        D. CATTAERT (1998): The myth of scor-                   pionen am Beispiel von Tityus serrulatus
     Bei den meisten Skorpionen scheint das          pione, wie auch Literatur zur Verfügung          pion suicide: Are scorpions insensitive to              Lutz & Mello, 1922 [Tityus stigmurus
eigene Gift keine Wirkung zu haben. So               gestellt hat. Zum Schluss möchte ich mich        their own venom? Journal of Experimental                (Thorell, 1876) sensu Lourenço]. ARACH-
konnte in Versuchen mit Androctonus australis        noch ganz herzlich bei BARBARA Z OLLER ,         Biology 201: 2625-2636.                                 NE 9(5): 12-16.
gezeigt werden, dass das Gift keinen Ein-            Euskirchen für die Durchsicht des Manus-      LOURÇENO , W. R. & O. CUELLAR (1995):
fluss auf die Skorpione hat (LEGROS et al.           kripts bedanken.                                 Scorpions, scorpionism, life history stra-              Adresse des Autors:
1998).                                                                                                tegies and parthenogenesis. Journal of                  Dipl. Biol. Boris F. Striffler
                                                     LITERATUR                                        Venom and Animal Toxins 1(2).                           Zoologisches Forschungsinstitut und
STRAHLENRESISTENZ                                                                                  L OURÇENO , W. R., J. L. C LOUDSEY-                        Museum A. Koenig
                                                     ALEXANDER, A. J. (1956): Mating in scorpi-       THOMPSON, O. CUELLAR, V. R. D. V.                       Adenauerallee 160
Neben der Immunität gegenüber dem eige-                 ons. Nature 178: 867-868.                     E ICKSTEDT, B. BARRAVIERA & M. B.                       53113 Bonn
nen Gift konnte bei einigen (Wüsten-)Skor-           ANGERMANN, H. (1955): Indirekte Sperma-          KNOX (1996): The evolution of scorpio-                     striffler.zfmk@uni-bonn.de
                                                10                                                                                                   11
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                             ARACHNE 9(5), 2004




Parthenogenese bei Skorpionen am Beispiel von Tity-                                                     z.B. die Möglichkeit zur Neukombination                         auch eines oder mehrere eine Anpassung
us serrulatus LUTZ & MELLO, 1922 [Tityus stigmurus                                                      der Gene sein, auch erlaubt die zweige-
                                                                                                        schlechtliche Fortpflanzung eine schnelle
                                                                                                                                                                        begünstigende Gene in einer Popluation
                                                                                                                                                                        vor handen sind. Die Arten müssen sich
(THORELL, 1876) sensu LOURENÇO]                                                                         Verbindung begünstigender Mutationen                            demnach ständig anpassen und verändern,
von Alexander Tietz                                                                                     (LOURENÇO & CUELLAR 1995). Dies ist inso-                       um den konkurrierenden Arten nicht zu un-
                                                                                                        fern ein Vorteil, als dass es in Gegenden mit                   terliegen. Die parthenogenetische Fortpflan-
                                                                                                        einer hohen Artenvielfalt (in welcher ein                       zung hingegen kann einer Art einen immen-
ALLGEMEIN                                             SKORPIONE UND PARTHENOGENESE                      permanenter Wettstreit um Ressourcen wie                        sen Vorteil bei der Kolonialisierung von Ge-
                                                                                                        z.B. die Nahrung in den Arten untereinan-                       bieten verschaffen, in denen die Art bisher
Parthenogenese bezeichnet das Phänomen                In der Ordnung der Scorpiones ist die part-       der besteht), somit wahrscheinlicher ist, dass                  noch nicht vorkam. Eine neue Kolonie kann
der Jungfernzeugung. Dabei handelt es sich            henogenetische Fortpflanzung vergleichs-          bei einer Veränderung der Umweltsituation                       mit nur einem Individuum gegründet wer-
um eine eingeschlechtliche Art der Fort-              weise selten. MATTHIESEN (1962) beschrieb
pflanzung. Ein Weibchen entwickelt Jungtie-           als erster eine sich parthenogenetisch fort-
re aus unbefruchteten Eiern, ohne dass es             pflanzende Skorpionart, dabei handelte es
zu einer Paarung mit einem männlichen Tier            sich um Tityus serrulatus. Seither sind in der
derselben Art gekommen war. Bei den                   Literatur weitere acht Arten beschrieben
schlüpfenden Jungen handelt es sich um                worden, die die Fähigkeit zur parthenogene-
Klone der Mutter, das Muttertier gibt seine           tischen Fortpflanzung besitzen (LOURENÇO
DNA unverändert weiter. Diese Art der                 2002). Sieben der acht Arten gehören zu der
Fortpflanzung tritt bei Arten auf, von denen          Familie der Buthidae, eine Art zu der Fami-
es auch zweigeschlechtliche Populationen              lie der Liochelidae (früher Ischnuridae). Die
gibt (fakultative Parthenogenese). Ebenso             bekannten Arten sind neben Tityus serrulatus
gibt es Arten, von denen ausschließlich sich          aus Brasilien, T. uruguayensis aus Uruguay,
parthenogenetisch fortpflanzende Weibchen             T. columbianus aus Kolumbien, T. trivittatus
bekannt sind (obligatorische Parthenogene-            aus Argentinien, T. metuendus aus Peru und
se), wie zum Beispiel in der Ordnung der              Brasilien, Ananteris coineaui aus Französisch-
Scorpiones bei der Art Ananteris coineaui             Guayana, Hottentotta hottentotta aus West-Afri-
(LOURENÇO & CUELLAR 1999). Die Parthe-                ka und Liocheles australasiae aus dem Süd-
nogenese wird in drei Arten unterschieden:            Pazifik.
in die Arrhenotokie, die Thelytokie und die                Das Phänomen der Arrhenotokie ist bei
Deuterotokie. Bei der Arrhenotokie handelt            Skorpionen nur in einem einzigen Fall be-
es sich um eine ha ploide Par the noge ne se -        kannt. Ein Weibchen von Tityus metuendus
form, durch welche nur männ liche Nach-               gebar nach ihrer letzten Häutung mehrere
kommen entstehen. Die Thelytokie bezeich-             Würfe, deren Junge nur aus männlichen Tie-
net die Erzeugung ausschließlich weiblicher           ren bestanden (L OURENÇO & C UELLAR
Nachkommen durch Parthenogenese. Die                  1999). Dies ist insofern spektakulär, als dass             I confluenciata Morphe                                      II unifasciata Morphe
Deuterotokie schließlich bezeichnet eine              es sich dabei eventuell sogar um den einzi-
                                                                                                                        confluenciata/maculata Morphe                                trifasciata Morphe
Parthenogeneseform, bei der männliche und             gen Fall von Arrhenotokie bei den Arachni-
weibliche Nachkommen entstehen.                       da handeln könnte, lässt man die Acari (Mil-                      zweigeschlechtliche Population der confluenciata Morphe
                                                      ben) außer Acht.
                                                                                                               Verbreitungskarte (nach LOURENÇO & CLOUDSLEY-THOMPSON 1999):
                                                           Die zweigeschlechtliche Fortpflanzung               Darstellung der geographischen Verbreitung von Tityus stigmurus (unifasciata Morphe) und Tityus serrulatus
                                                      ist die dominierende Reproduktionsmethode                (confluenciata Morphe). Die schwarze Fläche stellt die Kontaktzone zwischen den beiden Populationen dar.
                                                                                                               Die Symbole markieren die Fundorte, an denen Tityus lamottei (confluenciata/maculata Morphe), die trifascia-
                                                      der meisten Organismen. Vorteile können                  ta Morphe und die zweigeschlechtliche Population von T. serrulatus gesammelt wurden.

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ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                               ARACHNE 9(5), 2004



den, ohne dass ein gegengeschlechtlicher                konnten. MATTHIESSEN erforschte weiterhin,       dreißig Mal höher als die der im Zeitraum                 schere Ausbreitung von T. serrulatus scheint
Sexualpartner nötig ist (LOURENÇO 2002).                dass ein Weibchen von T. serrulatus in der       von 1982 bis 1983 gesammelten Exemplare.                  eng an die Besiedlung und den Städtebau
Ein Beispiel für diesen Vorteil lässt sich an-          Lage ist, in seinem Leben bis zu 70 Indivi-      Verglichen damit erhöhte sich die Anzahl                  durch den Menschen geknüpft. Entschei-
hand der Verbreitung parthenogenetischer                duen durch Parthenogenese hervorzubrin-          der von T. bahiensis gesammelten Exemplare                dende Faktoren sind dabei wohl unter ande-
Exemplare der Art Tityus serrulatus beobach-            gen (M ATTHIESSEN 1971). Erst im Jahre           nur um etwa das Fünffache ( VON E ICK -                   rem die unabsichtliche Verschleppung der
ten.                                                    1999 konnte eine zweigeschlechtliche Popu-       STEDT et al. 1994).                                       Tiere in andere Städte durch Autos, der
                                                        lation nachgewiesen werden. Der Fundort               Ein weiteres Beispiel ist die Verdrängung            Anstieg der Schabenpopulationen , der wie-
BEISPIEL TITYUS SERRULA TUS                             lag im Norden des Staates Minas Gervais,         der sich zweigeschlechtlich fortpflanzenden               derum von der erhöhten Produktion von
                                                        Brasilien, in der Nähe des Jequitinhonha         Art Tityus fasciolatus durch T. serrulatus in Bra-        Abfall durch den Menschen abhängt, ebenso
Bei Tityus serrulatus handelt es sich um eine           Flusses (LOURENÇO & CLOUDSLEY-THOMP-             silia, Brasilien. In der Zeit von 1971 bis 1975           wie die fortschreitende Besiedelung der na-
kleinere Skorpionart von durchschnittlich               SON 1999). Es handelt sich folglich nicht um     erfolgte eine Bestandsaufnahme der in die-                türlichen Habitate durch den Menschen
6 cm Länge. Die Tergite sind dunkel gräu-               eine obligatorisch parthenogenetische Art,       ser Stadt vorkommenden Skorpione. Den                     (GONZALEZ-SPONGA 1999). Es wird vermu-
lich gefärbt, mit unregelmäßigen helleren,              wie von MATTHIESSEN zunächst angenom-            Großteil der vorhandenen Tiere stellte T.                 tet, dass die Verbreitung der Art T. serrulatus
verwaschenen Flecken. Beine, Pedipalpen                 men.                                             fasciolatus mit 93 % an der gesamten Popula-              sich vor etwa 300 Jahren nur in einem be -
und Metasoma sind gelblich braun, wohin-                    Ein Beispiel für den Vorteil sich parthe-    tion. Die restlichen Prozent teilten sich zwei            grenzten Gebiet des Staates Minas Gerais
gegen die Spitzen der Scheren eher dunkel-              nogenetisch fortpflanzender Arten bei der        Arten, Bothriurus araguayae und Ananteris                 erstreckte, heute besiedelt die Art einen gro-
braun sind. Der derzeitige Artstatus von                Kolonisierung unbesiedelter Gebiete lässt        balzanii. Tityus serrulatus kam dort nicht vor            ßen Teil des Südostens Brasiliens (L OU -
Tityus serrulatus scheint unklar. F ET ET AL .          sich gut anhand der Entwicklung von T. ser-      (LOURENÇO 2002). In diesem Zeitraum etwa                  RENÇO et al. 1996). Bei T. serrulatus handelt
(2000) listen T. serrulatus und T. stigmurus als        rulatus in Korrelation zu der von T. bahiensis   wurde auch die Stadt fertig gestellt, deren               es sich um eine extrem giftige Art, deren Sti-
eigene Arten auf, wohingegen LOURENÇO &                 im Staat Sao Paulo, Brasilien beobachten         Bau 1956 begonnen hatte. Eine erneute Be-                 che lokale und systemische Reaktionen her-
CLOUDSLEY-THOMPSON (1999) T. serrulatus                 (dokumentiert VON EICKSTEDT et al. 1994).        standsaufnahme Anfang der 1990er Jahre                    vorrufen und unter Umständen sogar eine
als Farbmorphe der Art T. stigmurus ansehen.            Bei T. bahiensis handelt es sich um eine ende-   hatte zum Ergebnis, dass T. serrulatus nun                Antiserumgabe erforderlich machen können
LOURENÇO & CLOUDSLEY-THOMPSON teilen                    mische Art, d.h. sie kommt nur im Staate         70 % der gesamten Population stellte (LOU-                (TORRES et al. 2002). Von der Art geht auf
T. stigmurus in vier Farbmorphen auf, in die            Sao Paulo vor. Tityus serrulatus hingegen wur-   RENÇO et al. 1994, L OURENÇO & C UELLAR                   Grund der hohen Giftigkeit und der rapiden
Morphen unifasciata, trifasciata, confluenciata/        de dorthin eingeführt. Innerhalb von elf         1995). Beide Arten sind sich in der Größe                 Ausbreitung gerade in den städtischen Ge-
maculata und confluenciata, zu welcher auch             Jah ren war in Sao Paulo ein enormer An -        der adulten Tiere, in der Zahl der Jungtiere              bieten Brasiliens mittlerweile eine Gefahr
T. serrulatus gerechnet wird.                           stieg der Population von T. serrulatus zu ver-   pro Geburt, in der Dauer der Trächtigkeit                 für die öffentliche Gesundheit aus (L OU -
    FET et al. (2000) sehen die Bezeichnung             zeichnen, hingegen in der Population von T.      und in der Zeit der Entwicklung bis zum                   RENÇO & CUELLAR 1995, LOURENÇO 1991).
confluenciata als nomen nudum, und argu-                bahiensis ein leichter Rückgang. Erhoben         Adultalter sehr ähnlich (LOURENÇO & CUEL-                 Dies geht soweit, dass es schon Vorschläge
mentieren damit, dass diese Aufteilung in               wurde diese Statistik unter anderem anhand       LAR 1995). Der Unterschied besteht einzig                 zur Initiierung eines Programms zur Ein-
Farbmorphen nur Erwähnung in einem Ar-                  der Auswertung der Stichunfälle mit beiden       darin, dass T. serrulatus die Fähigkeit zur Par-          dämmung der Population von T. serrulatus
tikel finde und ohne direkte Beschreibung               Arten, die in dem Vital Brazil Hospital des      thenogenese besitzt und damit die Entwick-                gibt (SPIRANDELI-CRUZ et al. 1999).
erfolge. Aufgrund der kürzeren Schreibweise             Butantan Instituts in der Zeit von 1982 bis      lung einer Population dieser Art unabhängig
wurde in diesem Artikel die Bezeichnung                 1993 behandelt wurden; ebenso anhand der         von der Dichte der einzelnen Individuen ist,              Anm. d. Red: Wir danken G UNTHER W ITH
Tityus serrulatus verwendet worden, ohne sich           Auswertung der Skorpione, die in demsel-         da zur Fortpflanzung nur ein einzelnes Tier               www.skorpione.de für die Zustimmung, die-
damit für eine der beiden Meinungen ent-                ben Zeitraum an das Labor für giftige            benötigt wird.                                            sen Artikel in der ARACHNE publizieren
scheiden zu wollen.                                     Arthropoden des Butantan Instituts gesen-             Interessanterweise kommt T. serrulatus               zu dürfen.
    Seit der Entdeckung der Fähigkeit zur               det wurden. Im Ergebnis war ein Anstieg          mittlerweile fast ausschließlich in Gebieten
parthenogenetischen Fortpflanzung bei T.                der Stichunfälle mit T. serrulatus um 24,5 %     vor, die vom Menschen besiedelt sind, dabei               SUMMARY
serrulatus durch MATTHIESSEN im Jahre 1962              zu verzeichnen. Gleichzeitig war die Anzahl      scheint es sich jedoch nur um sich partheno-
ist diese Art lange Jahre als sich rein parthe-         der Exemplare von T. serrulatus, die in dem      genetisch fortpflanzende Tiere zu handeln                 The scorpion species Tityus serrulatus is taken
nogenetisch fortpflanzend angesehen wor-                Zeitraum von 1992 bis 1993 an das Butan-         (LOURENÇO et al. 2000, LOURENÇO & CUEL-                   as an example to discuss assets and drawb-
den, da nur Weibchen gesammelt werden                   tan Institut geschickt wurden, ungefähr          LAR 1994). Die Entwicklung und immer ra-                  acks of parthenogenesis.
                                                   14                                                                                                         15
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                         ARACHNE 9(5), 2004



LITERATUR                                                    new all female scorpion and the first pro-         RICHARD GALLON – ein junger Systematiker auf der
                                                             bable case of arrhenotoky in scorpions.
FET, V., W. D. SISSOM, G. LOWE & M. E.                       The Journal of Arachnology 27: 149-153
                                                                                                                Suche nach Vogelspinnen in Südafrika
   BRAUNWALDER (2000): Catalog of the                     L OURENÇO W. R. , K NOX M. B. & M.                    von Timo Raab und Kristin Finke
   Scorpions of the World (1758-1998). The                   YOSHIZAWA (1994): L'invasion d'une
   New York Entomological Society, New York:                 communaute a le stade initial d'un suc-
   260-262                                                   cession secondaire par une espece part-            Wir haben uns die kommende Internationale             mentan an einer Revision der Gattungen
G ONZALEZ -S PONGA M.A. (1999): The                          henogenetique de scorpion. Biogeographica          Vogelspinnenbörse in Kornwestheim (30.10.             Harpactira AUSSERER, 1871 und Harpactirella
   latest advances in the systematics of                     70: 77-91                                          2004) zum Anlass genommen, um über ei-                P URCEL , 1902 (GALLON , pers. Mitteilung),
   Tityus genus in Venezuela. Journal of                  MATTHIESEN F. A. (1962): Parthenogenesis              nen der aktuell wichtigsten Systematiker für          sowie am Nachfolger des groß artigen Bu -
   Venomous Animals and Toxins 5(1): 105                     in scorpions. Evolution 16: 255-256                die Theraphosiden zu berichten und mit                ches »Baboon Spiders« von ANDREW SMITH.
LOURENÇO W. R. (1991): Parthenogenesis                    MATTHIESEN F. A. (1971): The breeding of              ihm ein Interview zu führen.                          Ebenso ist eine weitere Arbeit über die Gat-
   in the scorpion Tityus columbianus                        Tityus serrulatus Lutz & Mello, 1927, in               R ICHARD G ALLON beschäftigt sich seit            tung Ceratogyrus POCOCK, 1897 in Vorberei-
   (Thorell) (Scorpiones: Buthidae). Bulletin                captivity (Scorpions, Buthidae). Revista           einigen Jahren mit der Systematik der afrika-         tung (G ALLON, pers. Mitteilung). Im Juni
   of the British Arachnological Society 8(9): 274           brasilera de pesquisas medicas e biologicas 4(4-   nischen Vogelspinnen und wird im An -                 diesen Jahres reiste RICHARD GALLON zum
   -276                                                      5): 299-300                                        schluss an die Herbstbörse der Vogelspinnen           zweiten Mal nach Südafrika um weitere
LOURENÇO W. R. (2002): Reproduction in                    SPIRANDELLI-CRUZ E. F., WINTHER-YAS-                  IG Stuttgart in Kornwerstheim (siehe Um-              taxonomisch und systematisch relevante
   scorpions, with special reference to part-                SUDA C. R., J IM J. & B. B ARRAVIERA               schlagrückseite sowie die Rubrik »Termine«)           Daten zu sammeln. An seiner Seite begleite-
   henogenesis. European Arachnology 2000:                   (1999): The program for controlling the            einen kostenfreien Vortrag über die Taxono-           ten ihn T HOMAS E ZENDAM (NL) und S JEF
   71-85                                                     scorpion Tityus serrulatus, Lutz and               mie und Naturgeschichte afrikanischer Vo-             VAN OVERDIJK (NL), welche sich ebenfalls
L OURENÇO W. R. & J.L. C LOUDSLEY-                           Mello 1922, in Aparecida, Sao Paulo Sta-           gelspinnen halten. Sein Hauptbetätigungs-             intensiv mit afrikanischen Vogelspinnen be-
   T HOMPSON (1999): Discovery of a                          te, Brazil (Scorpiones, Buthidae). Journal         feld waren bislang die Unterfamilien Har-             schäftigen. T HOMAS E ZENDAM und seine
   sexual population of Tityus serrulatus,                   of Venomous Animals and Toxins 5(1): 119-          pactirinae und Stromatopelminae. Man soll-            Frau DAGMAR haben die »Ulwembu Arach-
   one of the morphs within the complex                      119                                                te besonders hervorheben, dass G ALLON                nological Survey Group« (UASG) ins Leben
   Tityus stigmurus (Scorpiones: Buthidae).               TORRES J .B., MARQUES M. G. B., MARTI-                durch seine Ar beit Licht in die schwierige           gerufen. Es handelt sich dabei um eine
   The Journal of Arachnology 27: 154-158                    NI R. K. & C. V. A. BORGES (2002): An              Materie der Taxonomie und Systematik afri-
LOURENÇO W. R. , C LOUDSLEY-THOMP-                           accident involving Tityus serrulatus and           kanischer Vogelspinnen gebracht hat. Durch
   SON J.L. & O. C UELLAR (2000): A                          its epidemiological implications in Brazil.        seine Revisionen der Gattungen Ceratogyrus
   Review of Parthenogenesis in Scorpions                    Revista Saúde Pública 36(5): 631-633               P O COCK , 1897, Pterinochilus P OCOCK , 1897
   with a Description of Postembryonic                    VON EICKSTEDT V. R. D., RIBEIRO L. A.,                und Eucratoscelus POCOCK, 1898 sind nun die
   Development in Tityus metuendus                           CANDIDO D. M., A ALBUQUERQUE M.                    meisten Arten dieser Gattungen bestimm-
   (Scor piones, Buthidae) from Western                      J. & M. T. JORGE (1996): Evolution of              bar. GALLON hat bisher drei neue Gattungen
   Amazonia. Zoologischer Anzeiger 239: 267-                 scorpionism by Tityus bahiensis (Perty)            aufgestellt und zwei neue Arten beschrie-
   276                                                       and Tityus serrulatus Lutz and Mello               ben. Er beschäftigt sich nicht nur mit Taxo-
LOURENÇO W. R. & O. C UELLAR (1994):                         and geographical distribution of the two           nomie und Systematik dieser interessanten
   Notes on the geography of parthenoge-                     species in the state of Sao Paulo,Brazil.          Vogelspinnen, sondern züchtet auch regel-
                                                                                                                                                                       v.l.n.r.: Sjef van Overdijk, Thomas Ezendam, Dagmar Ezen-
   netic scorpions. Biogeographica 70(1): 19-                Journal of Venomous Animals and Toxins             mäßig Vogelspinnen nach, wie z.B. die erste            dam, Richard Gallon
   23                                                        2(2): 92-105                                       reine Terrariennachzucht von Eucratoscelus
LOURENÇO W. R. & O. C UELLAR (1995):                                                                            pachypus S CHMIDT & VON W IRTH , 1990                 Gruppe, die momentan aus THOMAS EZEN-
   Scorpions, scorpionism, life history stra-                 Adresse des Autors:                               (Farbtafel Abb. 18 bis 20). Das Männchen              DAM , S JEF VAN OVERDIJK und R ICHARD
   tegies and parthenogenesis. Journal of                     Alexander Tietz                                   von Eucratoscelus pachypus (Farbtafel Abb. 19)        G AL LON besteht und welche arachnologi-
   Venomous Animals and Toxins 1: 51-62                       Werstener Dorfstr. 197                            wurde ebenfalls erstmalig von GALLON be-              sche Feldforschungen in Südafrika betreibt,
LOURENÇO W. R. & O. CUELLAR (1999): A                         40591 Düsseldorf                                  schrieben. RICHARD G ALLON arbeitet mo -              wozu die UASG bisher als einzige derartige
                                                     16                                                                                                          17
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                                                ARACHNE 9(5), 2004



Organisation die staatliche Erlaubnis erhal-                  lich zu essen, außerdem brachte er mir ein                 britannien verbrachte ich in Wales. Ich be-               gen, dass das Gift der Vogelspinnen sehr
ten hat. G ALLON ist hierbei der wissen-                      wenig Zulu bei. Einen Hausjungen zu haben                  trachte mich weder als walisisch noch als                 giftig ist und zum Tod führen kann, aber die
schaftliche Beirat und für die Untersuchung                   mag sich in Europa sehr eigenartig anhören,                Südafrikaner, aber da meine Eltern beide aus              meisten sehen das nicht so. Vielen Afrika-
der Tiere und die Auswertung der gesam-                       aber in Südafrika ist es üblich eine Haus-                 England kommen, fühle ich mich mehr dazu                  nern graut es vor Schlangen und Cha mä -
melten Daten zuständig. Desweiteren ist                       haltshilfe oder einen Gärtner zu haben.                    verbunden, auch wenn ich kaum dort gelebt                 leons. Sie töten jede Schlange die ihnen
RICHARD GALLON Hauptschriftleiter des Bri-                                                                               habe. Außerdem habe ich einen britischen                  unter die Augen kommt, und einige glauben,
tish Tarantula Society Journal, der Vereinszeit-              K.F.: Warum bist Du später nach England umge-              Pass.                                                     dass Chamäleons giftig sind und den Teufel
schrift der britischen Vogelspinnenvereini-                   zogen?                                                                                                               repräsentieren. Als ich ein Jahr in Marokko
gung.                                                         R.G.: Meine Eltern waren der Meinung,                      K.F.: Du bist dafür bekannt, dass Du Dich vor             lebte, fand ich Gefallen daran mit Chamäle-
                                                              dass es besser wäre zurück nach England zu                 allem mit afrikanischen Vogelspinnen beschäftigst.        ons in der Öffentlichkeit umherzuhantieren.
K.F.: Deine Heimat ist Südafrika und Du ver-                  gehen. Die politische Situation in Südafrika               Wo hat diese Leidenschaft ihren Ursprung? Gab es               Die meisten Leute haben Angst vor
brachtest die ersten fünf Jahre Deines Lebens dort.           war ein großes Problem (Gefechte an der                    ein bestimmtes Schlüsselerlebnis?                         Spinnen, weil sie durch die negativen Reak-
Welche Eindrücke verbindest Du mit diesen fünf                Grenze von Namibia und Angola). Wenn                       R.G.: Ich mochte Spinnen schon von klein                  tionen ihrer Eltern beeinflusst werden. Kin-
Jahren und welche Erlebnisse haben Dich beeinflus-            wir in Südafrika geblieben wären, wäre ich in              auf. Mein erstes Erlebnis mit Spinnen war,                der sind nicht von Natur aus ängstlich ge-
st?                                                           einigen Jahren von der Armee eingezogen                    dass ich mit der Hand ein Latrodectus sp.                 genüber Spinnen – sie beobachten die Reak-
R.G.: Ich wurde in Middleburg, Transvaal                      worden. Meine Eltern hielten es für sicherer,              Weibchen mit ihrem Kokon einfing. Ich                     tionen ihrer Eltern und übernehmen das
(jetzt Mpumalanga) im Juli 1975 geboren                       wenn ich in Großbritannien aufwachse.                      fand sie in einem Betonrohr im Garten bei                 Verhalten.
und zog 1979 nach Großbritannien um. In                                                                                  uns in Südafrika. Ich ließ das Glas mit der
Südafrika haben die meisten Kinder keine K.F.: Welches Land hatte den meisten Einfluss auf                               Latrodectus sp. im Garten und ging zu meiner              K.F.: Ist Dein Engagement bezüglich Spinnen nur
Schuhe, und so lief auch ich den ganzen Tag Dich? Vermisst Du etwas in England? Fühlst Du                                Nachbarin um ihr von meinem neuen                         ein Hobby? Was machst Du beruflich?
barfuß umher. Mein erstes Paar Schuhe be- Dich mehr an Südafrika oder an England gebun-                                  »Haustier« zu berichten. Sie erklärte mir, ich            R.G.: Mein Interesse an Spinnen ist mehr
kam ich kurz bevor wir nach Großbritanni- den?                                                                           solle das Tier wieder frei lassen, da es sehr             ein Hobby, obwohl ich gelegentlich damit
en zogen und ich erinnere mich daran, dass R.G.: Ich habe weniger als 5 Jahre in Eng-                                    giftig ist. Als ich jedoch wieder nach Hause              Geld verdiene, indem ich Spinnen, die in
sie viele schmerzhafte Blasen an meinen land gelebt, während ich an der Universität                                      kam, fand ich ein leeres Glas – mein Vater                walisischen Naturschutzgebieten gesammelt
Füßen verursachten. Das Leben in Südafrika in Manchester war. Die meiste Zeit in Groß-                                   hatte sie freigelassen. Ich erinnere mich                 wurden, identifiziere. Ich habe keinen festen
spielt sich viel im                                                                                                      noch daran, dass ich danach weiter im Gras                Job im Moment, aber ich verhandle mit dem
Freien ab und so                                                                                                         nach Kokons suchte. Wir hatten auch eine                  örtlichen Naturschutzamt.
traf ich auch auf                                                                                                        große Spinne (Familie Selenopidae) an den
viele wirbellose Tie-                                                                                                    Wänden in unserem Haus, ich nannte sie                    K.F.: Wie viele Spinnen hast Du im Moment?
re in un serem Gar-                                                                                                      »Sam«. Ich bin mir sicher, dass es mehr als               Wir hörten, dass Du mit Museen zusammenarbei-
ten. Ich hielt Rie-                                                                                                      eine Spinne war, aber ich nahm an, dass es                test – kannst Du uns etwas mehr darüber erzählen?
sen-Tausendfüßer                                                                                                         die selbe war. In Südafrika werden diese                  Welche Museen profitieren von Deiner Arbeit?
(Diplododae spp.)                                                                                                        Spinnen »Flatties« genannt.                               R.G.: Ich habe im Moment ca. 200 bis 300
in der Ga rage und                                                                                                                                                                 Spinnen, aber die Zahl ändert sich ständig,
sammelte Schwarze                                                                                                        K.F.: Stimmt es, dass die Ureinwohner Angst vor           vor allem wenn ich Nachzuchten habe. Ich
Witwen (Latrodectus                                                                                                      Vogelspinnen haben? Wenn ja, wo hat diese Angst           leihe mir konservierte Exemplare afrikani-
spp.) als Haustiere.                                                                                                     ihren Ursprung? Wo liegen Deiner Meinung nach             scher Theraphosiden von Museen aus der
Wir hatten auch ei-                                                                                                      die Ursachen dafür, dass Menschen allgemein Angst         ganzen Welt (Südafrika, Zimbabwe, Kenia,
nen afrikanischen                                                                                                        vor Spinnen haben?                                        Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbri-
Haushaltshelfer. Er                                                                                                      R.G.: Nein, in Uganda haben die meisten                   tannien) aus. Viele der Exemplare sind nicht
lebte in der Garage.                                                                                                     Menschen keine Angst vor Vogelspinnen.                    identifiziert und die Museen sind glücklich,
Ich war es gewohnt                                                                                                       Als ich dort war, sah ich nur einen Urein-                dass ich daran arbeite und den Tieren Be -
                             v.l.n.r.: Thomas Ezendam, Dagmar Ezendam, unbekannte Frau, Richard Gallon (mit Hut), Sjef
mit ihm gelegent-            van Overdijk                                                                                wohner der wirklich Angst hatte. Einige sa-               zeichnungen zuordne. In Südafrika sind alle
                                                         18                                                                                                                   19
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                       ARACHNE 9(5), 2004
                                                                                                                                      kürzlich publiziert
großen The raphosiden vom Ge setz ge -               theraphosids at Internationale Vogelspin-         Buchrezension: LEEMING, J. (2003): Scorpions of Sou-
schützt. Ich erhielt die Genehmigung, Tiere
sammeln zu dürfen und der Na tur schutz
                                                     nenbörse in Kornwestheim (Germany) at
                                                     the end of October this year.
                                                                                                       thern Africa. Struik Publishers, Kapstadt. 88 Seiten.
gewinnt dazu wichtige Informationen von                                                                Preis: 15,50 EUR
mir.                                                 LITERATUR                                         von Boris Striffler
K.F.: Gibt es ein bestimmtes Ziel, das Du mit        GALLON, R. C. (1999): Appendage defor-
Deiner Arbeit erreichen möchtest?                       mity in an African theraphosid spider:         Um es vorwegzunehmen: eines der besten                  Auch mit so bekannten Mythen, wie
R.G.: Ich würde gerne die Etappe erreichen,             Coelogenium pillansi Purcell, 1902.            und empfehlenswertesten Bücher über Skor-          dem Selbstmord begehenden Skorpion im
in der alle afrikanischen Theraphosiden bis             Newsl. Br. arachnol. Soc. 85: 8.               pione. Wer die übrigen Naturführer aus dem         Feuerkreis, wird aufgeräumt.
auf Artebene bestimmt werden können. Im              G ALLON , R. C. (2001): Revision of the           Hause Struik kennt (Snakes and other Repti-             Lediglich der Stammbaum der Chelice-
Mo ment können die meisten Arten nicht                  Ceratogyrus spp. formerly included in          les of Southern Africa, Mammals of Sou-            rata ist trotz des sehr ansprechenden De -
sicher bestimmt werden, und deswegen wer-               Coelogenium (Araneae: Theraphosidae,           thern Africa), wird auch                                              signs auf etwas veralteten
den dringend detaillierte Untersuchungen                Harpactirinae). Mygalomorph 2(1): 1-20.        von diesem Buch nicht                                                 Annahmen nach S HULTZ
benötigt um diesen Punkt zu erreichen. Ich           G ALLON , R. C. (2002): Revision of the           enttäuscht sein, mehr                                                 (SHULTZ 1990) aufgebaut.
bin dabei, ein Buch über die Taxonomie der              African genera Pterinochilus and Eucra-        noch, endlich ein Buch,                                               Daneben werden die Bo -
afrikanischen Vogelspinnen zu verfassen (im             toscelus (Araneae, Theraphosidae, Har-         dass von den Erfahrungen                                              thriuridae durchgehend als
Auftrag von Fitzgerald Publishing um das                pactirinae) with description of two new        eines wirklichen Kenners                                              Bothuridae bezeichnet.
Buch »Baboon Spiders« von A. SCHMITH zu                 genera. Bull. Br. Arachnol. Soc. 12(5): 201-   der Skor pione des südli-                                                 Die erstklassigen Bil-
ersetzen). Ich vermute, dass es noch ca. fünf           232.                                           chen Afrikas profitiert.                                              der zeigen fast alle Skor-
Jahre dauern wird dieses Buch fertig zu stel-        GALLON, R. C. (2003): A new African arbo-             Manch einer mag die-                                              pione des südlichen Afri-
len, aber auch dann bezweifle ich, dass die             real genus and species of theraphosid          ses Buch vom Äu ßeren                                                 kas; so findet man alle im
Taxonomie vollständig ist.                              spider (Araneae, Theraphosidae, Stroma-        und dem Umfang her (nur                                               Zoohandel erhältlichen
                                                        topelminae) which lacks spermathecae.          88 Seiten) für ein weiteres                                           Arten in Bild und mit
K.F.: Wie oft bist Du in Südafrika? Wie sieht           Bull. Br. Arachnol. Soc. 12(9): 405-411.       Einsteigerbuch halten, so                                             Informationen zur Ver-
Deine Arbeit dort aus?                               G ALLON , R. C. (2004): Captive breeding          wird man schon nach den                                               breitung und zu Lebens-
R.G.: Im letzten Jahr war ich zum ersten                Eucratoscelus pachypus. British Tarantula      ersten erstklassigen Fotos                                            raum und Lebensweise.
Mal wieder in Südafrika seit ich das Land               Society Journal 19(3): 78-81.                  und der sehr ansprechen-                                                  Der Artenteil ist nach
verlassen habe. Ich blieb für einen Monat            G ALLON , R. C. (2004): Trichognathella,          den Gestaltung und Schreibweise spätestens         Gattungen untergliedert und beginnt mit
dort und verbrachte meine Zeit mit Feldstu-             replacement name for the genus Tricho-         bei der Übersichtskarte mit Skorpion-»Hots-        einer kurzen Einführung zu Lebensweise,
dien über afrikanische Theraphosiden. Ich               gnatha Gallon, 2002 (Araneae, Thera-           pots« im südlichen Afrika eines Besseren           typischem Vorkommen (Felsbewohner,
trat die Reise zusammen mit THOMAS EZEN-                phosidae, Harpactirinae). Bull. Br. Arach-     belehrt sein.                                      Sandbewohner, etc.) und der Giftwirkung.
DAM und SJEF VAN OVERDIJK an, außerdem                  nol. Soc. 13(2): 62.                               Neben den heutigen oder rezenten Skor-         Daran schließen sich dann die kurzen, aber
be kam ich eine kleine Subvention von der            S MITH , A. M. (1990): Baboon Spiders,            pionen werden auch zwei bisher unbeschrie-         sehr informativen, Artenportraits an. Sie
BTS (British Tarantula Society), die meine              Tarantulas of Africa and the Middle            bene, im Naturkundemuseum Berlin vor-              beinhalten neben der Größenangabe zu
Arbeit unterstützte.                                    East. Fitzgerald Publishing, London.           handene, fossile Exemplare aus der Santana-        jeder Art wichtige Informationen zur Varia-
                                                                                                       Formation gezeigt und eine Einführung zu           bilität, wie z.B. bei Hadogenes troglodytes, der
SUMMARY                                                 Adresse der Autoren:                           dem erdgeschichtlichen Auftreten gegeben.          von schwarz im Süden des Verbreitungsge-
                                                        Timo Raab & Kirstin Finke                          Die Erklärungen zu den wissenschaftli-         bietes bis zu braun mit gel ben Beinen im
RICHARD GALLON is introduced and inter-                 Dr.-Kornmesser-Str. 42                         chen Namen sind sehr verständlich darge-           Süden Mozambiques variiert. Ebenso ent-
viewed by TIMO RAAB and KRISTIN FINKE.                  64739 Höchst                                   legt, nur die Verwendung der Klammer um            halten die kurzen Artbeschreibung wichtige
   RICHARD will give a lecture concerning                                                              den Namen des Autors wird nicht korrekt            Hinweise zur Lebensweise. So baut Opistoph-
taxonomy and natural history of african                                                                dargestellt.                                       thal mus macer in kurzen Wohnröhren unter
                                                20                                                                                                   21
ARACHNE 9(5), 2004                                                                                                                                                                       ARACHNE 9(5), 2004
                                  kürzlich publiziert                                                                                   Vereine informieren
Steinen im Fynbos der Kapregion, O. wahl-             auch umfangreiche Information zu Lebens-           Der Vogelspinnen- und Reptilienstammtisch Mainz
bergi aus Namibia dagegen lebt in bis zu 1 m          raum, Giftigkeit und Bestimmung bietet. Es
langen Röhren in den Sanddünen der Na -               ist also nicht nur als Naturführer für das
                                                                                                         geht an die Öffentlichkeit
mib-Wüste. Hervorzuheben ist auch, dass               südliche Afrika sondern auch für den Halter        von Klaus Straka
die meisten Skorpione direkt im Habitat fo-           südafrikanischer Skorpione ein Muss.
tografiert wurden, so sieht man den natürli-
chen Untergrund (Sand, Fels, lehmige Erde             SUMMARY                                            Nachdem unsere 1. Vogelspinnenbörse                    2. Was sind Vogelspinnen (Unterschied
etc.).                                                                                                   über raschend gut verlief, wurden wir er -                Spinnen/Insekten anhand von Schau-
    Ebenfalls erwähnenswert sind die Be -             To say it right away, one of the best books        muntert auf diesem Weg weiterzumachen.                    bildern auf Folien); wie kamen die
stimmungstabelle auf Gattungsebene an -               on scorpions. Not too surprising, as Struik        Eine unserer selbstgestellten Aufgaben und                Vogelspinnen zu ihrem Namen
hand von Stachel und Scheren, genauso wie             publishers are producing excellent field gui-      ein für die nahe Zukunft gestecktes Ziel ist           3. Äußere Anatomie
die Übersichtstafel über die Skorpione Süd-           des to the flora and fauna (e.g. Trees &           die Information einer breiteren Öffentlich-            4. Innere Anatomie
afrikas (mit Verbreitung, Habitat und Giftig-         shrubs, carnivorous & parasitic plants, Sna-       keit. Wir haben vor, diese Informationen in            5. Verhalten und Fortpflanzung der
keit).                                                kes & Reptiles, Mammals). The book is writ-        Form von Vorträgen oder Workshops wei-                    Vogelspinnen
    Auch die Giftskala ist sehr hilfreich, sie        ten by the well-known scorpion-expert              terzugeben. Einen Anfang haben wir bereits             6. Haltung und Pflege
wird von 1 (schwach) bis 10 (sehr stark)              JONATHAN LEEMING, whose excellent pictu-           im Juli 2004 gemacht.                                  7. Artenschutz und Arterhaltung durch
unterteilt. So wird dann ein Bienen-/Wes-             res cover nearly all known scorpion species            Wir wurden von der dght-Stadtgruppe                   gezielte und gesunde Nachzucht
penstich bei ca. 4 bzw. 5 eingeordnet, was            of Southern Africa. Furthermore a lot of           Büdingen eingeladen, einen möglichst allge-            8. Tier- und Naturschutz aus Sicht des
der Stärke eines Opistophthalmus Stiches ent-         habitat pictures together with a very reada-       meinverständlichen Kurzvortrag über unser                 Gesetzgebers
spricht.                                              ble text illustrate the different adaptation of    Hobby zu halten. Den Part des Vortrags                 9. Demonstrationsobjekte und ansch-
    Besonders ansprechend und größtenteils            rock-living species like Hadogenes or sand-        hatte ich zugesagt und MATTHIAS ARNOLD                    ließende Diskussion
selbsterklärend sind die vielen Zeichnungen           dwelling species of the genera Opistophthal-       übernahm dankenswerter Weise den Trans-
zu verschiedenen Themen, wie den unter-               mus and Parabuthus. But not only species and       port von OHP und sonstigem Material. Der            Verschiedene Zwischenfragen ließen den
schiedlichen Formen der Tarsal (Fuß)Struk-            their habitat are dealt with, also their biology   Vortrag war für 20 Uhr vorgesehen.                  Vortrag länger als geplant ausfallen und wir
tur, die bei Felsbewohnern kurze Dorne auf-           and reproduction is explained, e.g. the ma-            Nach ca. einer Stunde Anfahrt wurden            waren überrascht über das Interesse und die
weist, Sandbewohner dort dagegen lange                ting and sexual sting of Hadogenes. Notewor-       wir herzlich begrüßt, dann traten die ersten        anschließende Resonanz. Besonders ange-
Haare tragen.                                         thy are besides a map of scorpion hotspots         Schwierigkeiten auf. Für den Abend hatte            regt wurde diskutiert, als wir Exkuvien und
    Das Kapitel zur Paarung und Reproduk-             as well as a table of scorpion toxicity.           der Wirt des Vereinslokals keinen geeigneten        Jungspinnen als Schauobjekte durch die Rei-
tion lässt ebenso keine Wünsche offen. Ne-                All in all this books is a must for scorpi-    Raum reserviert. Es wurde lange hin und             hen reichten. Auch der Leiter der Stadtgrup-
ben detaillierter und vergleichender Be -             on keepers of Southern African species.            her überlegt, ob man improvisieren oder             pe zeigte sich erfreut über die Beteiligung
schreibung der Balz und Paarung erfährt der                                                              den Abend verschieben sollte. Gegen                 und das Interesse. Für uns war es ein weite-
Leser auch solche Besonderheiten, wie den             LITERATUR                                          21 Uhr wurde dann doch noch ein Kompro-             rer Ansporn unsere Öffentlichkeitsarbeit
»Sexual Sting« (~ »Paarungsstich«) bei Hado-                                                             miss gefunden und der Vortrag (geplant 40           voranzutreiben.
genes. Aus diesem Grunde haben fast alle              S HULTZ , J. W. (1990): Evolutionary mor-          Minuten) konnte – nach einem guten                      Neben diversen Pressemeldungen haben
Männchen von Hadogenes einen extrem lan-                 phology and phylogeny of Arachnida.             Abendessen – beginnen. Trotz Improvisati-           wir einen Vortrag für Haupt- und Realschu-
gen Schwanz, da sie das Weibchen während                 Cladistics 6: 1-38.                             on klappte der Vortrag per OHP-Folien,              len vorbereitet und die hiesigen Schulen an-
der Paarung stechen (müssen).                                                                            wenn auch die Projektionsfläche nicht gera-         geschrieben. Durch die Sommerferienzeit
                                                         Adresse des Rezensenten:                        de ideal war.                                       haben wir jedoch noch keine Rückmeldun-
FAZIT                                                    Dipl. Biol. Boris F. Striffler                                                                      gen erhalten.
                                                         Zoologisches Forschungsinstitut und             Den Vortrag hatte ich wie folgt gegliedert:             Vom 1. bis 10. Oktober werden wir auf
Insgesamt also ein sehr empfehlenswertes                 Museum A. Koenig                                  1. Kurze Einleitung; wie kam ich zu den           der Aquarienausstellung des »Aquarienver-
Buch über die Skorpione des südlichen Afri-              Adenauerallee 160                                    Vogelspinnen (Hinweis auf meine                eins Nidderau« mit einem Informationstisch
kas, welches neben erstklassigen Bildern                 53113 Bonn                                           überwundene Spinnenphobie)                     und diversen Schauterrarien vertreten sein.
                                                 22                                                                                                     23
ARACHNE 5/2004
ARACHNE 5/2004
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ARACHNE 5/2004

  • 1. 9. Jahrgang Heft 5 September 2004 Deutsche Arachnologische Gesellschaft e.V. in dieser Ausgabe: • Skorpione – eine kurze Übersicht Teil I: Anatomie und Biologie • Parthenogenese bei Skorpionen am Beispiel von Tityus serrulatus LUTZ & MELLO, 1922 [Tityus stig- murus (THORELL, 1876) sensu LOURENÇO] • RICHARD GALLON – ein junger Systematiker auf der Suche nach Vogelspinnen in Südafrika • Buchrezension: LEEMING, J.: Scorpions of Southern Africa ISSN 1613-2688
  • 2. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 Impressum Inhalt Redaktion Text Format oder *.txt) per E-Mail, 3,5" Diskette oder Seite: Volker von Wirth Martin Huber CD-R. Gattungs- und Artnamen sind kursiv zu schrei- Lilienstr. 1 Dorfstr. 5 ben, Überschriften sollen hervorgehoben werden, wei- 71723 Großbottwar 82395 Obersöchering tere Formatierungen sind zu unterlassen. von-wirth@dearge.de huber@dearge.de Mit der Abgabe des Manuskripts versichern die Auto- Skorpione – eine kurze Übersicht ren, dass sie allein befugt sind, über die urheberrechtli- Teil I: Anatomie und Biologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 - 11 Tobias Dörr Marcus Löffler chen Nutzungsrechte an ihren Beiträgen, einschließlich Falkenstr. 24 A. d. Ronnenheide 6a eventueller Bild- und anderer Reproduktionsvorlagen von Boris Striffler 30449 Hannover 45731 Waltrop zu verfügen und dass der Beitrag keine Rechte Dritter doerr@dearge.de loeffler@dearge.de verletzt. Parthenogenese bei Skorpionen am Beispiel von Tityus ser- Eingereichte Manuskripte werden ggf. an die Formatie- rulatus LUTZ & MELLO, 1922 [Tityus stigmurus (Thorell, 1876) Kleinanzeigen, Kontakte & Leserbriefe rung und den Stil des Journals angepasst. Rechtsschrei- Kleinanzeigen können von Mitgliedern in beliebiger bung und Grammatik werden überprüft und gegebe- sensu LOURENÇO] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 - 16 Anzahl an die Anzeigenannahme geschickt werden. An- nenfalls geändert. von Alexander Tietz nahmeschluss ist der 10. eines jeden Monats. Zu spät eingehende Anzeigen werden nicht automatisch in der Copyright 2004 RICHARD GALLON – ein junger Systematiker auf der Suche nach nächsten Ausgabe veröffentlicht. Wir veröffentlichen Die Vervielfältigung jedweder Art (auch auszugsweise) auch alle Informationen über Börsen und Ausstellun- bedarf der schriftlichen Genehmigung durch die Vogelspinnen in Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 - 20 gen. Kleinanzeigen und Termine bitte per E-Mail, DeArGe e.V. Sofern nicht anders angegeben, stammen von Timo Raab und Kristin Finke maschienengeschrieben bzw. in Druckbuchstaben an die Bilder von der Redaktion. ISSN 1613-2688 die Anzeigenannahme schicken! kürzlich publiziert Titelfoto: Babycurus jacksoni, Jungtier Anzeigen- & Leserbriefannahme Foto: Boris Striffler Buchrezension: L EEMING, J. (2003): Scorpions of Southern Michaela Biese Africa. Struik Publishers, Kapstadt. 88 Seiten. . . . . . . . . . .21 - 22 Düsterbeck 51 Bankverbindung 45731 Waltrop Deutsche Arachnologische Gesellschaft e.V. Raiffeisenbank Frechen+Hürth eG Vereine informieren anzeigenannahme@dearge.de leserbriefe@dearge.de Kontonummer: 701493010 Der Vogelspinnen- und Reptilienstammtisch Mainz geht BLZ: 37062365 an die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 - 24 Nachbestellservice Fehlende Ausgaben der »ARACHNE« (ehem. »Mittei- Fachbeiräte Raritäten auf 6 bis 8 Beinen – Tagung der »ZAG Wirbel- lungen«) können schriftlich bei der Redaktion nachbe- * für Systematik und Taxonomie Dipl. Biol. Boris Striffler lose im Terrarium« e.V. in Wernigerode . . . . . . . . . . . . . . . 24 - 29 stellt werden (sofern noch vorhanden). Die Kosten betragen pro Heft 5 EUR. Zoologisches Forschungsinstitut und Museum A. Koenig Vogelspinne e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 - 33 Artikel 53113 Bonn Arachnida Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 - 36 Berichte über Haltung, Reisen oder sonstige interessan- te Themen werden gerne entgegengenommen und in * für Vogelspinnenökologie und -ethologie der Reihenfolge des Eingangs veröffentlicht. Wir setzen Dipl. Biol. Dirk Weinmann Presse & Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 - 37 die Einhaltung unseres Ethikkodexes und ebenso auch 70734 Fellbach die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen voraus. * für Vogelspinnentoxikologie und -biochemie Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und der Dipl. Biol. Volker Herzig DeArGe e.V. wieder. Für Berichte und auch für die Zoologisches Institut der Fakultät für Biologie der Vereinsnachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 - 47 Anzeigen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Universität Tübingen Für unverlangt eingesandtes Redaktionsmaterial (Ma- Abteilung Neuropharmakologie zum Schmunzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 nuskripte, Fotos, Bücher, etc.) kann keine Haftung 72076 Tübingen übernommen werden. Druck Kleinanzeigen & Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Hinweise für Autoren Druck + Papier Meyer GmbH Beiträge können in handschriftlicher, maschinenge- 91443 Scheinfeld Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 - 50 schriebener oder computerbearbeiteter Form einge- ℡ 09162-9298-0 reicht werden. Bevorzugt werden Manuskripte in elek- Stammtische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 tronischer Form (WinWord, StarOffice Writer, Rich- Internet: http://www.dearge.de 2 3
  • 3. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 Skorpione – eine kurze Übersicht leicht aufgrund ihres Körperbaus von allen meist die seitlichen Kiele (engl. lateral cari- anderen Spinnentieren zu unterscheiden. So na), deren Vorhandensein, wie auch die Gra- Teil I: Anatomie und Biologie fällt gleich der deutlich dreigeteilte Körper nulierung zwischen diesen. Am wichtigsten von Boris Striffler auf, der in Prosoma (Vorderkörper), Meso- ist das Segment V, bei dem fast alle Seiten Iurus dufoureius Dorsalansicht: soma (Mittelkörper oder Rumpf) und das und Kiele je nach Art zur Bestimmung her- 1 Chela, Tibia, 2 Patella, 3 Femur, 4 Trochan- ter, 5 Chelizere, 6 Medianaugen, 7 Lateralau- den Stachel tragende Metasoma (Hinterleib angezogen werden. Bei den Vertretern der ZUSAMMENFASSUNG gen, 8 Carapax, 9 Mesosoma mit den Tergiten, oder Schwanz) untergliedert wird. Insgesamt Buthidae Nordafrikas werden besonders die 10 Metasoma, 11 Telson. Foto: Boris Striffler werden die Skorpione als sehr ursprüngliche Bezahnung der ventralen lateralen Kiele und Der erste Teil einer dreiteiligen, kurzen (basale) Vertreter der Spinnentiere angese- die distale Bezahnung (engl. anal arch) her- Übersicht über Skorpione be handelt hen, da sie noch eine vollständige Gliede- angezogen. die Anatomie und Biologie. Neben ei- rung aufweisen. Bei Spinnen ist die Gliede- nem Über blick über die grundlegende rung des Hinterleibs nur noch in der MESOSOMA Anatomie und die ökologischen Anpassun- Embryonalentwicklung oder bei den Liphi- gen, wie der Fuß struktur, wird besonders stiidae zu beobachten. Neben den Kielen des Metasomas werden auf die wichtigen Merkmale zur Bestim- ebenfalls die Kiele des Mesosomas zur Be- mung von Skorpionen eingegangen. Außer- ANATOMIE stimmung genutzt. Zum einen sind es be - dem werden Fort pflanzung und Entwick- sonders die Kiele des ersten Rückenseg- lung bei Skorpionen behandelt. Abschlie - Der Körper der Skorpione wird in Vorder- ments und des letzten, siebten Segments ßend werden Gift und Giftwirkung von (Pro-) Mittel- (Meso-) und Hinter- (Meta-) sowohl der Rückenseite als auch der Bauch- Skorpionen besprochen sowie eine kurze -Körper (-soma) unterteilt. Meist wird seite. Die einzelnen Segmente werden Zusammenfassung der außergewöhnli- jedoch von Vorder-, Hinterleib auch als Rücken- (Tergite) oder Bauch- chen Strahlenresistenz gegeben. und Schwanz gesprochen. All- platten (Sternite) bezeichnet. gemein wird die O ber seite Die ursprüngliche Zahl der Kiele der ABSTRACT (der Rü cken) als dorsal Tergite ist drei (gut zu sehen bei Hottentotta und die Un ter sei te (der franzwerneri gentili auf Farb- The first part of a trilogy on scorpi- Bauch), als ven tral be - Auf den Segmenten tafel Abb. 2). Nur in Aus- I-V am Metasoma von ons focuses on anatomy and biology. zeichnet. Androctonus sind die nahmen, wie bei Leiurus et- (meisten) Kiele deut- Besides an overview of basic anatomy lich zu sehen: wa, findet man fünf Kiele and ecological adaptations (like tarsal METASOMA 1 Aculeus (Stachel) (siehe Farbtafel Abb. 3). 2 Gift-Blase (Vesikel) structure), important characters for 3 anal arch Die se Besonderheit von 4 bei manchen Skor- determining scorpions are highlighted. Die Segmente des pionen befindet fünf Kielen auf den ersten Within the biological part reproduction Me tasomas werden sich hier ein weite- bei den Ter giten kommt rer Kiel behaviour and development, as well as ve- ebenso, wie die des 5 Dorsal-Kiel auch durch den Artnamen 6 Lateral-Dorsal-Kiel nom and venom potential are re viewed. Mesosomas (I-V), mit 7 Lateral-Ventral-Kiel Leiurus quinquestriatus (lat. Lastly the extraordinary radioresistance of lateinischen Zahlen (I- Foto: Boris Striffler quinquestriatus ⇒ fünf scorpions is summarized. VII) be zeichnet. Auf ge streift) zum Ausdruck. Auf dem Metasoma sind ur- dem letzten Rückenschild fin- EINLEITUNG sprüng lich 10 Kiele pro det man ge nau, wie auf dem Segment vorhanden. Diese Bauch schild, vier Kiele. Alle Innerhalb der Spinnentiere bilden die Skor- Iurus dufoureius können je nach Art reduziert diese Kiele und ebenso die ein- Ventralansicht: pione, neben den Spinnen (Araneae) und 1 Coxa der Pedi- mur, 8 Patella, sein, wie z.B. bei Euscor pius bale - zelnen Tergite bzw. Sternite kön- Weberknechten (Opiliones), eine eigene palpen, 2 Sternum, 3 Pectines, 4 Sternit, 9 Tibia, 10 Basi- tarsus, 11 Tarsus. aricus, wo keine Kiele mehr vorhanden sind. nen von Art zu Art sehr verschieden ausge- Ord nung, die Scorpiones. Skorpione sind 5 Coxa, 6 Trochanter, 7 Fe- Foto: Boris Striffler Die zur Bestimmung wichtigen Kiele sind prägt sein, von sehr stark und granuliert, wie 4 5
  • 4. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 bei Hottentotta franzwerneri gentili, bis zu kom- Sternums kann von fünfeckig (pentagonal) Haare (Setae) auf der Unterseite der Tarsi. gegenüberliegende Teil der Tibia als unbe- plett fehlend, wie bei Iomachus politus (Farbta- bis zu schlitzförmig, dreieckig reichen und Diese langen Borsten haben einen ähnlichen weglicher Finger bezeichnet. Die Pedipalpen fel Abb. 1 & 2). wird u.a. auch als Bestimmungsmerkmal für oder Scherenhände tragen die wichtigsten die Überfamilienzugehörigkeit genutzt (drei- Merkmale bei der Bestimmung von Skorpio- PROSOMA eckig ⇒ Buthoidea; fünfeckig ⇒ Scorpio- nen, die Trichobothrien (Farbtafel Abb. 8). noidea) (Farbtafel Abb. 5 & 6). Wie schon Diese befinden sich auf allen Segmenten der Der Vorderkörper der Skorpione trägt dor- er wähnt, setzen die meisten Extremitäten Pedipalpen, hier sollen jedoch nur die wich- sal den Carapax, der die beiden Medianau- am Prosoma an. Die Kämme werden von tigsten herausgegriffen werden. gen ungefähr in der Mitte sitzen hat. Dane- manchen Autoren als umgewandelte Lamel- Zum einen handelt es sich hierbei um Grabenden Skorpione, wie die meisten Pandinus-Arten (hier ben haben die meisten Arten zwei bis fünf len der Buchkiemen der Schwertschwänze Pandinus exitialis), haben starke Dornen. die mittlerweile fünf Typen von Trichobo- Lateral- oder Seitenaugen. (z.B. S AVORY 1977) angesehen und daher Foto: Boris Striffler thrienkonfigurationen. Typ A findet sich nur Der Carapax vieler Skorpione ist mit zum ersten Mesosomasegment zugeordnet bei den Buthidae, Typ B bei den Chaerilidae, Kielen versehen, die wichtig für die Artbe- und später behandelt. Effekt wie Schneeschuhe und verhindern Typ P bei den ausgestorbenen, paläozoi- stimmung sind (Farbtafel Abb. 3 & 4). das Einsinken in feinem Sand. schen Skorpionen, Typ D bei den Pseu- Ebenso wie bei Meta-/Mesosoma sind EXTREMITÄTEN Bewohner von Felsspaltensystemen, wie dochactidae und Typ C bei allen übrigen auch die Kiele des Prosomas wichtige Merk- Hadogenes oder Opisthacanthus, haben dagegen Familien (Einteilung nach SOLEGLAD & FET male bei der Bestimmung der Gattungen. Die Extremitäten (Beine, wie auch Pedipal- sehr stark gebogene und kurze kräftige 2001). Bei den Buthidae unterscheidet man Die wichtigsten Merkmale sind die lateralen, pen) sind, wie bei den meisten ursprüngli- Ungues und an Stelle der langen Haare zwei noch einmal die Konfiguration α und β, die posterior lateralen Kiele sowie die Granulie- chen Spinnentieren, gegliedert. Man be - Reihen kurzer starker Dornen. Die übrigen auf der Anordnung der Trichobothrien auf rung des Prosomas. So sind Buthus-Arten zeichnet sie vom Körper (proximal) aus als Skorpione haben meist eine Kombination der dorsalen Seite des Femurs beruhen. Wei- leicht an den beiden miteinander verbunde- Coxa, Trochanter, Femur, Patella, Tibia, Tar- aus Haaren und Borsten. tere wichtige Merkmale sind die Anordnung nen lateralen und posterior lateralen Kielen, sus und Basitarsus. Auch hier sind Dorne Die Einteilung der Glieder der Scheren- auf Patella (ventral/external) und Chela (ex- der sog. Leier leicht zu erkennen (Farbtafel und Behaarung der Tarsi wichtig bei der Be- hände ist von proximal nach distal: Coxa, ternal/internal). Abb. 4) (siehe dazu auch STRIFFLER in Vorb. stimmung. Die Art und Ausprägung von Trochanter, Femur, Patella, Tibia, Tarsus. Die Granulierung und Kiele, auch als b). Weitere wichtige Merkmale sind die An- Tarsus, Behaarung/Bedornung und Ausprä- Die beiden letzten Glieder, Tibia und Tar- Skulptur der Pedipalpen bezeichnet, zeigen zahl und Position der Augen. Bei Skorpio- gung der Tarsalklaue (Unguis) geben Aus- sus, bilden dabei die eigentliche Schere z.T. deutliche Unterschiede auch zwischen nen findet man zwei Medianaugen, die mehr kunft über das Habitat und damit die Le - (Chela). Dabei wird der Tarsus auch als be- nahe verwandten Arten. Sie kann z.B. bei oder minder in der Mitte des Carapax liegen. bensweise der Skorpione. Wüs - weglicher Finger der Chela und der diesem Pandinus-Arten von ganz glatt (Pandinus viato- Daneben gibt es noch Lateral- oder Seiten- tenbewohner, wie Buthacus oder augen, deren Anzahl normalerweise drei ist, Androctonus, haben un- aber auch bis zu fünf (z.B. Leiurus) reichen paare lang gestreck- kann. Außerdem gibt es noch mehr oder te Ungues und minder star ke Reduktionen, die im ex - sehr lange tremsten Fall, wie bei Belisarius xambeui, bis dichte zum vollständigen Fehlen der Augen gehen kann. Diese blinden Skorpione (neben Beli- sarius, auch Troglotayosicus aus Ekuador) ori- entieren sich dann komplett mittels Tast- und chemischen Sinnen. Die Unterseite des Vorderkörpers be - steht aus dem zentralen Sternum, an dem Sandbewohnende Skorpione tragen lange Haare auf den die Coxae der Beine und Scherenhände an- Tarsen, wie bei diesem Buthacus leptochelys. Unterschiedlich starke Granulierung der Pedipalpen selbst bei verwandten Arten: Pandinus viatoris, P. pallidus und P. smithii. setzen (Farbtafel Abb. 5 & 6). Die Form des Foto: Boris Striffler Fotos: Boris Striffler 6 7
  • 5. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 ris), über leicht buckelig (P. pallidus), bis zu gere Zeit noch auf dem Rücken der Mutter PAARUNGSVERHALTEN einen komplexen Mechanismus verfügt, der sehr stark und spitz skulpturiert reichen (P. (Farbtafel Abb. 9). Die Dauer des Herum- es ermöglicht, dass das Weibchen die Sper- smithii). Daneben sind auch die Granulie- tragens durch die Mutter hängt grund - Um jedoch die faszinierende Brutpflege, z.B. mien aufnimmt. Bei einigen Skorpionen, wie rung von Ober- und Unterseite bei Femur sätzlich vom Entwicklungstyp ab, variiert bei Pandinus, beobachten zu können, muss z.B. bei Hadogenes, sticht das Männchen das und Patella, so wie das Vorhandensein von aber auch innerartlich. zuerst einmal eine Paarung stattfinden. Die- Weibchen während der Paarung. Manche Kie len wichtig. Bei der Familie Buthidae Bei den Skorpionen unterteilt man zwei se wird vom unerfahrenen Halter häufig mit Halter gehen dann zwischen die möglichen wird häufig auch die Bezahnung des beweg- Typen innerhalb der Embryonalentwicklung einem Ringkampf, also Aggressionen unter Kontrahenten und verhindern so eine er - lichen Fingers, der Chela, zur Art- und Gat- (nach LAURIE 1896a), welche als apoikogen den Tieren, verwechselt und daraufhin abge- folgreiche Paarung. Diese ist aber nur nach tungsunterscheidung benutzt. und katoikogen bezeichnet werden. Die Be- brochen. einen »Kopulationsstich« möglich und man- Die ebenfalls am Vorderkörper befindli- zeichnungen leiten sich dabei vom Fehlen Schon relativ früh tauchten Beschrei- cher wundert sich, warum er nie »friedliche« chen Chelizeren sind bei Skorpionen noch von Divertikeln = apoikogen (vom Griechi- bungen des auch als »promenade a deux« Hadogenes zur erfolgreichen Paarung ohne ursprünglich dreigliedrig und sehen aus wie schen: fern von zu hause) und Vorhanden- (Farbtafel Abb. 10) bezeichneten »Paarungs- Stich bringt. Weibliche Skorpione sind fähig, kleine Scheren. Deren Bezahnung wiederum sein von Divertikeln = katoikogen (vom tanzes« der Skorpione auf (z.B. REDI 1719 auch ohne weitere Paarung mehrmals Nach- ist ein weiteres Merkmal zur Unterscheidung Griech.: zu hause). Bei den katoikogenen oder FABRE 1914). Aber erst in den 50er wuchs zu gebären. Bei einigen Buthidae von Großgruppen, wie Familien und Gat- Skorpionen zweigen vom weiblichen Uterus Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der kom- (Centruroides, Isometrus, Tityus) konnten zwi- tungen. gestielte, die Embryonen umschließende plizierte Mechanismus der Spermienübertra- schen drei bis zu fünf Nachzuchten ohne Die Geschlechter lassen sich bei Skor- »Taschen« ab, die Divertikel. In denen reifen gung beschrieben (A NGERMANN 1955; weitere Paarung beobachtet werden (KOVO- pionen bei adulten Tieren zumeist gut unter- die dotterlosen Eier zu Embryonen heran, ALEXANDER 1956). OR et al. 1987). Eine weitere Besonderheit in scheiden. Dies reicht von Merkmalen, wie die sich mittels eines speziellen, an einen Während des Paarungstanzes greift das der Fortpflanzung stellt die Jungfernzeu- einer größeren Anzahl von Kammzähnen Rüssel erinnernden, Mundapparats ernäh- Männchen die Scheren des Weibchens und gung, oder sog. Parthenogenese, dar. Dabei (Farbtafel Abb. 7), einer größeren Länge des ren. Bei den apoikogenen Skorpionen sind scheint mit ihm zu tanzen, da sich die Tiere reproduzieren sich die weiblichen Skorpio- einzelnen Kammzahns und einer unter- dotterreiche Eier über kurze »Stiele« direkt rhythmisch vor und zurück bewegen. Ei - ne, ähnlich wie einige Stabschrecken (z.B. schiedlichen Form des Genitaloperculums, mit dem Uterus verbunden und werden gentlich sucht das Männchen aber nach ei- Carausius morosus), ohne eine Paarung. Am welche man mehr oder weniger ausgeprägt über Dotter sowie Nährstoffen aus dem nem geeigneten Untergrund, auf dem es bekanntesten ist dies sicher bei dem süda- bei fast allen männlichen Skorpionen findet, mütterlichen Gewebe ernährt. sein gestieltes Spermienpaket, die Spermato- merikanischen Tityus serrulatus (Farbtafel bis zu verlängerten Metasomasegmenten Skorpione mit apoikogener Entwicklung phore, absetzen kann. Die Übertragung der Abb. 15) (siehe dazu den Bericht von TIETZ oder verlängerten Pedipalpen. Eine ausführ- bleiben nur für kurze Zeit auf dem Rücken Spermien erfolgt also nicht direkt, sondern 2004 in diesem Heft), da es alle Jahre wie- liche Betrachtung des Geschlechtsdimor- der Mutter (ca. eine Woche), da sie schon indirekt durch eine Spermatophore, die über der zu explosionsartigem Massenauftreten, phismus bei Skorpionen findet sich bei relativ weit entwickelt geboren werden. Sie bei den Einheimischen »surtos« ge nannt, STRIFFLER in Vorb. a. können sich schon recht bald selbstständig kommt (L OUR ÇENO & C UELLAR 1995, ernähren und haben schon bei der Geburt LOURÇENO et al. 1996). BIOLOGIE eine beige bis bräunliche Farbe. Hierzu zäh- len z.B. die Buthidae, Euscorpiidae, Iuridae GIFT UND GIFTWIRKUNG FORTPFLANZUNG und Vaejovidae. Bei den katoikogenen Skorpionen dage- Innerhalb der mehr als 1.800 Skorpion- Im Gegensatz zu den übrigen Spinnentieren gen sind die Larven bei der Geburt schnee- Arten sind nur ca. 25 für den Menschen legen Skorpione keine Eier, sondern sind weiß und kaum beweglich. Diese Skorpione, gefährlich (POLIS 1990). Diese gehören bis ovovivipar, d.h. die Embryonen werden im wozu z.B. die bekannten Scorpionidae und auf eine Ausnahme, der Gattung Hemiscorpi- Leib der Mutter ausgebrütet. Bei der Geburt Liochelidae (früher Ischnuridae) zählen, ver- us (Familie Hemiscorpiidae), zur Familie bildet die Mutter mit ihren Beinen einen sog. bleiben wenigstens zwei Wochen auf dem Buthidae. Am wichtigsten sind die afrikani- Ein Vertreter der für den Menschen gefährlichsten Skorpio- Geburtskorb und hilft den neugeborenen Rücken der Mutter, wo sie sich auch zwei- ne, die südamerikanische Gattung Tityus, mit typischen schen Gattungen Parabuthus (Farbtafel Abb. Skorpionen beim Besteigen ihres Rückens. mal häuten. Erst danach sind katoikogene schmalen Scheren und dem markanten Zahn unter dem 13 & 14), Androctonus, Hottentotta und Leiurus Stachel (fälschlich »Doppelstachel« genannt). Die jungen Skorpione bleiben dann für län- Skorpione fähig, sich selbst zu ernähren. Foto: Martin Huber sowie besonders die amerikanischen Centrur- 8 9
  • 6. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 oides und Tityus (siehe nebenstehendes Bild). pionen eine sehr starke Resistenz gegen tophorenübertragung bei Euscorpius ita- nism in Brazil in recent years. Journal of Vertreter der beiden zuletzt genannten Gat- radioaktive Strahlung festgestellt werden licus (Herbst) (Scorpiones, Chactidae). Venom and Animal Toxins 2(2): 121-134. tungen sind dabei die gefährlichsten, da bei (G OYFFON 1973, G OYFFON & ROMAN Naturwissenschaften 42(10): 303-306. POLIS, G. A. (1990): Introduction. in POLIS, Stichen dieser eine Serumgabe unabdingbar 2001). Die für Androctonus amoreuxi letale FABRE, J. H. (1914): Skorpionen-Hochzeit und G. A., ed. Biology of Scorpions. Stanford ist (K LEBER et al. 1999). Bei den giftigen Dosis liegt mit 60.000 Röntgen (r) um den andere Bilder aus der Insektenwelt. Kosmos, University Press, Stanford, California. 1-8. afrikanischen Arten ist eine Serumgabe Faktor 100 höher, als die des Menschen Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart. RADMANESH, M. (1998): Cutaneous mani- nicht nötig oder die Wirkung fragwürdig (600r). Ohne Weiteres überlebten die wüs- GOYFFON, M. (1973): Die natürliche Strah- festations of the Hemiscorpius lepturus (KLEBER et al. 1999). tenbewohnenden A. amoreuxi 165 Tage nach lenresistenz der Skorpione. Image roche sting: a clinical study. International Journal einer Dosis von 40.000r, bei den ebenfalls 57: 27-32. of Dermatology 37: 500-507. GIFTIG – UNGIFTIG?! wüstenbewohnenden A. australis lag die G OYFFON, M. & V. ROMAN (2001): Radi- R EDI , F. (1719): Opusculorum pars prior, Überlebensdauer dagegen schon nur noch oresistance of Scorpions. in BROW- sive Experimenta circa Generationem Wie kann man nun giftige und ungiftige bei 55 Tagen, die aus feuchten Küstenwäl- NELL, P. H. and G. A. POLIS, eds. Scor- Insectorum. Theodorum Haak & Samuel Skorpione auf den ersten Blick unterschei- dern Guadeloupe stammenden Centruroides pion Biology and Research. Oxford Univer- Luchtmans, Lugduni Batavorum [Leiden]. den? Am einfachsten (und gröbsten) ist es, testaceus starben schon nach 2 Tagen (GOYF- sity Press, New York. Chapter 17: 393-405. SAVORY, T. (1977): The Arachnida. 2nd editi- die Form der Scheren zurate zu ziehen. FON 1973). KLEBER, J., P. WAGNER, N. FELGENHAU- on. Academic, London. 340 S. Skorpione mit sehr schmalen pinzettenför- ER , M. K UNZE & T. Z ILKER (1999): SOLEGLAD, M. E. & V. Y. FET (2001): Evo- migen Scheren zählen meist zur Familie Im zweiten Teil dieser kleinen Serie über Vergiftung durch Skorpionstiche. Deut- lution of scorpion orthobothriotaxy – A Buthidae und gehören damit zu den potenti- Skorpione wird zuerst ein Überblick über sches Ärzteblatt 96 Heft 25: 27-32. cladistic approach. Euscorpius 1: 1-38. ell auch für den Menschen giftigen Skorpio- Systematik und Verbreitung sowie ein Be - K OVOOR , J., W. R. L OURÇENO & A. STRIFFLER, B. F. (in Vorb. a): Geschlechts- nen (Farbtafel Abb. 11). Haben die Skorpio- stimmungsschlüssel bis zur Familie folgen MUNÑOZ-CUEVAS (1987): Conservation dimorphismus bei Skorpionen (Chelice- ne dagegen kräftige schaufelförmige Sche- (STRIFFLER in Vorb. c). Im abschließenden des spermatozoids dans les voies génita- rata, Scorpiones). Arthropoda. ren, so handelt es sich zumeist um harmlose dritten Teil wird dann auf die Haltungsan- les des femelles et biologie de la repro- S TRIFFLER, B. F. (in Vorb. b): Wüstenbe- Vertreter, wie z.B. Pandinus, Euscorpius oder sprüche von Skorpionen eingegangen duction des Scorpions (Chélicerates). wohner Nordafrikas. DATZ. Heterometrus (Farbtafel Abb. 12). Allerdings (STRIFFLER in Vorb. d). Comptes rendus de l'Académie des sciences de STRIFFLER, B. F. (in Vorb. c): Skorpione – ist die hierzu zählende Gattung Hemiscorpius Paris Ser. III, 304(10): 259-264. eine kurze Übersicht. Teil II: Systematik auch für den Menschen gefährlich (siehe DANKSAGUNG LAURIE, M. (1896a): Notes on the Anatomy und Bestimmungsschlüssel. ARACHNE z.B. RADMANESH 1998), was zeigt, dass die of some Scorpions, and its bearing on 9(6). Verallgemeinerung schmale Scheren ⇒ gif- Mein Dank gilt der Firma b.t.b.e., Schnür- the Classification of the Order. Annals STRIFFLER, B. F. (in Vorb. d): Skorpione – tig; kräftige Schere ⇒ ungiftig nicht immer pflingen, hier besonders MARTIN THIERER- and Magazine of Natural History 6 ser. Vol. eine kurze Übersicht. Teil III: Haltung zutrifft. Absolute Sicherheit ist meist nur LUTZ für die Bereitstellung von Skorpionen. 17: 185-194. im Terrarium. ARACHNE 10(1). gegeben, wenn die Skorpione bis zur Art be- Ein besonderer Dank geht an S IEGFRIED LEGROS, C., M.-F. MARTIN-EAUCLAIRE & TIETZ, A. (2004): Parthenogenese bei Skor- stimmt sind. HUBER, Oberuhldingen, der ebenfalls Skor- D. CATTAERT (1998): The myth of scor- pionen am Beispiel von Tityus serrulatus Bei den meisten Skorpionen scheint das pione, wie auch Literatur zur Verfügung pion suicide: Are scorpions insensitive to Lutz & Mello, 1922 [Tityus stigmurus eigene Gift keine Wirkung zu haben. So gestellt hat. Zum Schluss möchte ich mich their own venom? Journal of Experimental (Thorell, 1876) sensu Lourenço]. ARACH- konnte in Versuchen mit Androctonus australis noch ganz herzlich bei BARBARA Z OLLER , Biology 201: 2625-2636. NE 9(5): 12-16. gezeigt werden, dass das Gift keinen Ein- Euskirchen für die Durchsicht des Manus- LOURÇENO , W. R. & O. CUELLAR (1995): fluss auf die Skorpione hat (LEGROS et al. kripts bedanken. Scorpions, scorpionism, life history stra- Adresse des Autors: 1998). tegies and parthenogenesis. Journal of Dipl. Biol. Boris F. Striffler LITERATUR Venom and Animal Toxins 1(2). Zoologisches Forschungsinstitut und STRAHLENRESISTENZ L OURÇENO , W. R., J. L. C LOUDSEY- Museum A. Koenig ALEXANDER, A. J. (1956): Mating in scorpi- THOMPSON, O. CUELLAR, V. R. D. V. Adenauerallee 160 Neben der Immunität gegenüber dem eige- ons. Nature 178: 867-868. E ICKSTEDT, B. BARRAVIERA & M. B. 53113 Bonn nen Gift konnte bei einigen (Wüsten-)Skor- ANGERMANN, H. (1955): Indirekte Sperma- KNOX (1996): The evolution of scorpio- striffler.zfmk@uni-bonn.de 10 11
  • 7. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 Parthenogenese bei Skorpionen am Beispiel von Tity- z.B. die Möglichkeit zur Neukombination auch eines oder mehrere eine Anpassung us serrulatus LUTZ & MELLO, 1922 [Tityus stigmurus der Gene sein, auch erlaubt die zweige- schlechtliche Fortpflanzung eine schnelle begünstigende Gene in einer Popluation vor handen sind. Die Arten müssen sich (THORELL, 1876) sensu LOURENÇO] Verbindung begünstigender Mutationen demnach ständig anpassen und verändern, von Alexander Tietz (LOURENÇO & CUELLAR 1995). Dies ist inso- um den konkurrierenden Arten nicht zu un- fern ein Vorteil, als dass es in Gegenden mit terliegen. Die parthenogenetische Fortpflan- einer hohen Artenvielfalt (in welcher ein zung hingegen kann einer Art einen immen- ALLGEMEIN SKORPIONE UND PARTHENOGENESE permanenter Wettstreit um Ressourcen wie sen Vorteil bei der Kolonialisierung von Ge- z.B. die Nahrung in den Arten untereinan- bieten verschaffen, in denen die Art bisher Parthenogenese bezeichnet das Phänomen In der Ordnung der Scorpiones ist die part- der besteht), somit wahrscheinlicher ist, dass noch nicht vorkam. Eine neue Kolonie kann der Jungfernzeugung. Dabei handelt es sich henogenetische Fortpflanzung vergleichs- bei einer Veränderung der Umweltsituation mit nur einem Individuum gegründet wer- um eine eingeschlechtliche Art der Fort- weise selten. MATTHIESEN (1962) beschrieb pflanzung. Ein Weibchen entwickelt Jungtie- als erster eine sich parthenogenetisch fort- re aus unbefruchteten Eiern, ohne dass es pflanzende Skorpionart, dabei handelte es zu einer Paarung mit einem männlichen Tier sich um Tityus serrulatus. Seither sind in der derselben Art gekommen war. Bei den Literatur weitere acht Arten beschrieben schlüpfenden Jungen handelt es sich um worden, die die Fähigkeit zur parthenogene- Klone der Mutter, das Muttertier gibt seine tischen Fortpflanzung besitzen (LOURENÇO DNA unverändert weiter. Diese Art der 2002). Sieben der acht Arten gehören zu der Fortpflanzung tritt bei Arten auf, von denen Familie der Buthidae, eine Art zu der Fami- es auch zweigeschlechtliche Populationen lie der Liochelidae (früher Ischnuridae). Die gibt (fakultative Parthenogenese). Ebenso bekannten Arten sind neben Tityus serrulatus gibt es Arten, von denen ausschließlich sich aus Brasilien, T. uruguayensis aus Uruguay, parthenogenetisch fortpflanzende Weibchen T. columbianus aus Kolumbien, T. trivittatus bekannt sind (obligatorische Parthenogene- aus Argentinien, T. metuendus aus Peru und se), wie zum Beispiel in der Ordnung der Brasilien, Ananteris coineaui aus Französisch- Scorpiones bei der Art Ananteris coineaui Guayana, Hottentotta hottentotta aus West-Afri- (LOURENÇO & CUELLAR 1999). Die Parthe- ka und Liocheles australasiae aus dem Süd- nogenese wird in drei Arten unterschieden: Pazifik. in die Arrhenotokie, die Thelytokie und die Das Phänomen der Arrhenotokie ist bei Deuterotokie. Bei der Arrhenotokie handelt Skorpionen nur in einem einzigen Fall be- es sich um eine ha ploide Par the noge ne se - kannt. Ein Weibchen von Tityus metuendus form, durch welche nur männ liche Nach- gebar nach ihrer letzten Häutung mehrere kommen entstehen. Die Thelytokie bezeich- Würfe, deren Junge nur aus männlichen Tie- net die Erzeugung ausschließlich weiblicher ren bestanden (L OURENÇO & C UELLAR Nachkommen durch Parthenogenese. Die 1999). Dies ist insofern spektakulär, als dass I confluenciata Morphe II unifasciata Morphe Deuterotokie schließlich bezeichnet eine es sich dabei eventuell sogar um den einzi- confluenciata/maculata Morphe trifasciata Morphe Parthenogeneseform, bei der männliche und gen Fall von Arrhenotokie bei den Arachni- weibliche Nachkommen entstehen. da handeln könnte, lässt man die Acari (Mil- zweigeschlechtliche Population der confluenciata Morphe ben) außer Acht. Verbreitungskarte (nach LOURENÇO & CLOUDSLEY-THOMPSON 1999): Die zweigeschlechtliche Fortpflanzung Darstellung der geographischen Verbreitung von Tityus stigmurus (unifasciata Morphe) und Tityus serrulatus ist die dominierende Reproduktionsmethode (confluenciata Morphe). Die schwarze Fläche stellt die Kontaktzone zwischen den beiden Populationen dar. Die Symbole markieren die Fundorte, an denen Tityus lamottei (confluenciata/maculata Morphe), die trifascia- der meisten Organismen. Vorteile können ta Morphe und die zweigeschlechtliche Population von T. serrulatus gesammelt wurden. 12 13
  • 8. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 den, ohne dass ein gegengeschlechtlicher konnten. MATTHIESSEN erforschte weiterhin, dreißig Mal höher als die der im Zeitraum schere Ausbreitung von T. serrulatus scheint Sexualpartner nötig ist (LOURENÇO 2002). dass ein Weibchen von T. serrulatus in der von 1982 bis 1983 gesammelten Exemplare. eng an die Besiedlung und den Städtebau Ein Beispiel für diesen Vorteil lässt sich an- Lage ist, in seinem Leben bis zu 70 Indivi- Verglichen damit erhöhte sich die Anzahl durch den Menschen geknüpft. Entschei- hand der Verbreitung parthenogenetischer duen durch Parthenogenese hervorzubrin- der von T. bahiensis gesammelten Exemplare dende Faktoren sind dabei wohl unter ande- Exemplare der Art Tityus serrulatus beobach- gen (M ATTHIESSEN 1971). Erst im Jahre nur um etwa das Fünffache ( VON E ICK - rem die unabsichtliche Verschleppung der ten. 1999 konnte eine zweigeschlechtliche Popu- STEDT et al. 1994). Tiere in andere Städte durch Autos, der lation nachgewiesen werden. Der Fundort Ein weiteres Beispiel ist die Verdrängung Anstieg der Schabenpopulationen , der wie- BEISPIEL TITYUS SERRULA TUS lag im Norden des Staates Minas Gervais, der sich zweigeschlechtlich fortpflanzenden derum von der erhöhten Produktion von Brasilien, in der Nähe des Jequitinhonha Art Tityus fasciolatus durch T. serrulatus in Bra- Abfall durch den Menschen abhängt, ebenso Bei Tityus serrulatus handelt es sich um eine Flusses (LOURENÇO & CLOUDSLEY-THOMP- silia, Brasilien. In der Zeit von 1971 bis 1975 wie die fortschreitende Besiedelung der na- kleinere Skorpionart von durchschnittlich SON 1999). Es handelt sich folglich nicht um erfolgte eine Bestandsaufnahme der in die- türlichen Habitate durch den Menschen 6 cm Länge. Die Tergite sind dunkel gräu- eine obligatorisch parthenogenetische Art, ser Stadt vorkommenden Skorpione. Den (GONZALEZ-SPONGA 1999). Es wird vermu- lich gefärbt, mit unregelmäßigen helleren, wie von MATTHIESSEN zunächst angenom- Großteil der vorhandenen Tiere stellte T. tet, dass die Verbreitung der Art T. serrulatus verwaschenen Flecken. Beine, Pedipalpen men. fasciolatus mit 93 % an der gesamten Popula- sich vor etwa 300 Jahren nur in einem be - und Metasoma sind gelblich braun, wohin- Ein Beispiel für den Vorteil sich parthe- tion. Die restlichen Prozent teilten sich zwei grenzten Gebiet des Staates Minas Gerais gegen die Spitzen der Scheren eher dunkel- nogenetisch fortpflanzender Arten bei der Arten, Bothriurus araguayae und Ananteris erstreckte, heute besiedelt die Art einen gro- braun sind. Der derzeitige Artstatus von Kolonisierung unbesiedelter Gebiete lässt balzanii. Tityus serrulatus kam dort nicht vor ßen Teil des Südostens Brasiliens (L OU - Tityus serrulatus scheint unklar. F ET ET AL . sich gut anhand der Entwicklung von T. ser- (LOURENÇO 2002). In diesem Zeitraum etwa RENÇO et al. 1996). Bei T. serrulatus handelt (2000) listen T. serrulatus und T. stigmurus als rulatus in Korrelation zu der von T. bahiensis wurde auch die Stadt fertig gestellt, deren es sich um eine extrem giftige Art, deren Sti- eigene Arten auf, wohingegen LOURENÇO & im Staat Sao Paulo, Brasilien beobachten Bau 1956 begonnen hatte. Eine erneute Be- che lokale und systemische Reaktionen her- CLOUDSLEY-THOMPSON (1999) T. serrulatus (dokumentiert VON EICKSTEDT et al. 1994). standsaufnahme Anfang der 1990er Jahre vorrufen und unter Umständen sogar eine als Farbmorphe der Art T. stigmurus ansehen. Bei T. bahiensis handelt es sich um eine ende- hatte zum Ergebnis, dass T. serrulatus nun Antiserumgabe erforderlich machen können LOURENÇO & CLOUDSLEY-THOMPSON teilen mische Art, d.h. sie kommt nur im Staate 70 % der gesamten Population stellte (LOU- (TORRES et al. 2002). Von der Art geht auf T. stigmurus in vier Farbmorphen auf, in die Sao Paulo vor. Tityus serrulatus hingegen wur- RENÇO et al. 1994, L OURENÇO & C UELLAR Grund der hohen Giftigkeit und der rapiden Morphen unifasciata, trifasciata, confluenciata/ de dorthin eingeführt. Innerhalb von elf 1995). Beide Arten sind sich in der Größe Ausbreitung gerade in den städtischen Ge- maculata und confluenciata, zu welcher auch Jah ren war in Sao Paulo ein enormer An - der adulten Tiere, in der Zahl der Jungtiere bieten Brasiliens mittlerweile eine Gefahr T. serrulatus gerechnet wird. stieg der Population von T. serrulatus zu ver- pro Geburt, in der Dauer der Trächtigkeit für die öffentliche Gesundheit aus (L OU - FET et al. (2000) sehen die Bezeichnung zeichnen, hingegen in der Population von T. und in der Zeit der Entwicklung bis zum RENÇO & CUELLAR 1995, LOURENÇO 1991). confluenciata als nomen nudum, und argu- bahiensis ein leichter Rückgang. Erhoben Adultalter sehr ähnlich (LOURENÇO & CUEL- Dies geht soweit, dass es schon Vorschläge mentieren damit, dass diese Aufteilung in wurde diese Statistik unter anderem anhand LAR 1995). Der Unterschied besteht einzig zur Initiierung eines Programms zur Ein- Farbmorphen nur Erwähnung in einem Ar- der Auswertung der Stichunfälle mit beiden darin, dass T. serrulatus die Fähigkeit zur Par- dämmung der Population von T. serrulatus tikel finde und ohne direkte Beschreibung Arten, die in dem Vital Brazil Hospital des thenogenese besitzt und damit die Entwick- gibt (SPIRANDELI-CRUZ et al. 1999). erfolge. Aufgrund der kürzeren Schreibweise Butantan Instituts in der Zeit von 1982 bis lung einer Population dieser Art unabhängig wurde in diesem Artikel die Bezeichnung 1993 behandelt wurden; ebenso anhand der von der Dichte der einzelnen Individuen ist, Anm. d. Red: Wir danken G UNTHER W ITH Tityus serrulatus verwendet worden, ohne sich Auswertung der Skorpione, die in demsel- da zur Fortpflanzung nur ein einzelnes Tier www.skorpione.de für die Zustimmung, die- damit für eine der beiden Meinungen ent- ben Zeitraum an das Labor für giftige benötigt wird. sen Artikel in der ARACHNE publizieren scheiden zu wollen. Arthropoden des Butantan Instituts gesen- Interessanterweise kommt T. serrulatus zu dürfen. Seit der Entdeckung der Fähigkeit zur det wurden. Im Ergebnis war ein Anstieg mittlerweile fast ausschließlich in Gebieten parthenogenetischen Fortpflanzung bei T. der Stichunfälle mit T. serrulatus um 24,5 % vor, die vom Menschen besiedelt sind, dabei SUMMARY serrulatus durch MATTHIESSEN im Jahre 1962 zu verzeichnen. Gleichzeitig war die Anzahl scheint es sich jedoch nur um sich partheno- ist diese Art lange Jahre als sich rein parthe- der Exemplare von T. serrulatus, die in dem genetisch fortpflanzende Tiere zu handeln The scorpion species Tityus serrulatus is taken nogenetisch fortpflanzend angesehen wor- Zeitraum von 1992 bis 1993 an das Butan- (LOURENÇO et al. 2000, LOURENÇO & CUEL- as an example to discuss assets and drawb- den, da nur Weibchen gesammelt werden tan Institut geschickt wurden, ungefähr LAR 1994). Die Entwicklung und immer ra- acks of parthenogenesis. 14 15
  • 9. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 LITERATUR new all female scorpion and the first pro- RICHARD GALLON – ein junger Systematiker auf der bable case of arrhenotoky in scorpions. FET, V., W. D. SISSOM, G. LOWE & M. E. The Journal of Arachnology 27: 149-153 Suche nach Vogelspinnen in Südafrika BRAUNWALDER (2000): Catalog of the L OURENÇO W. R. , K NOX M. B. & M. von Timo Raab und Kristin Finke Scorpions of the World (1758-1998). The YOSHIZAWA (1994): L'invasion d'une New York Entomological Society, New York: communaute a le stade initial d'un suc- 260-262 cession secondaire par une espece part- Wir haben uns die kommende Internationale mentan an einer Revision der Gattungen G ONZALEZ -S PONGA M.A. (1999): The henogenetique de scorpion. Biogeographica Vogelspinnenbörse in Kornwestheim (30.10. Harpactira AUSSERER, 1871 und Harpactirella latest advances in the systematics of 70: 77-91 2004) zum Anlass genommen, um über ei- P URCEL , 1902 (GALLON , pers. Mitteilung), Tityus genus in Venezuela. Journal of MATTHIESEN F. A. (1962): Parthenogenesis nen der aktuell wichtigsten Systematiker für sowie am Nachfolger des groß artigen Bu - Venomous Animals and Toxins 5(1): 105 in scorpions. Evolution 16: 255-256 die Theraphosiden zu berichten und mit ches »Baboon Spiders« von ANDREW SMITH. LOURENÇO W. R. (1991): Parthenogenesis MATTHIESEN F. A. (1971): The breeding of ihm ein Interview zu führen. Ebenso ist eine weitere Arbeit über die Gat- in the scorpion Tityus columbianus Tityus serrulatus Lutz & Mello, 1927, in R ICHARD G ALLON beschäftigt sich seit tung Ceratogyrus POCOCK, 1897 in Vorberei- (Thorell) (Scorpiones: Buthidae). Bulletin captivity (Scorpions, Buthidae). Revista einigen Jahren mit der Systematik der afrika- tung (G ALLON, pers. Mitteilung). Im Juni of the British Arachnological Society 8(9): 274 brasilera de pesquisas medicas e biologicas 4(4- nischen Vogelspinnen und wird im An - diesen Jahres reiste RICHARD GALLON zum -276 5): 299-300 schluss an die Herbstbörse der Vogelspinnen zweiten Mal nach Südafrika um weitere LOURENÇO W. R. (2002): Reproduction in SPIRANDELLI-CRUZ E. F., WINTHER-YAS- IG Stuttgart in Kornwerstheim (siehe Um- taxonomisch und systematisch relevante scorpions, with special reference to part- SUDA C. R., J IM J. & B. B ARRAVIERA schlagrückseite sowie die Rubrik »Termine«) Daten zu sammeln. An seiner Seite begleite- henogenesis. European Arachnology 2000: (1999): The program for controlling the einen kostenfreien Vortrag über die Taxono- ten ihn T HOMAS E ZENDAM (NL) und S JEF 71-85 scorpion Tityus serrulatus, Lutz and mie und Naturgeschichte afrikanischer Vo- VAN OVERDIJK (NL), welche sich ebenfalls L OURENÇO W. R. & J.L. C LOUDSLEY- Mello 1922, in Aparecida, Sao Paulo Sta- gelspinnen halten. Sein Hauptbetätigungs- intensiv mit afrikanischen Vogelspinnen be- T HOMPSON (1999): Discovery of a te, Brazil (Scorpiones, Buthidae). Journal feld waren bislang die Unterfamilien Har- schäftigen. T HOMAS E ZENDAM und seine sexual population of Tityus serrulatus, of Venomous Animals and Toxins 5(1): 119- pactirinae und Stromatopelminae. Man soll- Frau DAGMAR haben die »Ulwembu Arach- one of the morphs within the complex 119 te besonders hervorheben, dass G ALLON nological Survey Group« (UASG) ins Leben Tityus stigmurus (Scorpiones: Buthidae). TORRES J .B., MARQUES M. G. B., MARTI- durch seine Ar beit Licht in die schwierige gerufen. Es handelt sich dabei um eine The Journal of Arachnology 27: 154-158 NI R. K. & C. V. A. BORGES (2002): An Materie der Taxonomie und Systematik afri- LOURENÇO W. R. , C LOUDSLEY-THOMP- accident involving Tityus serrulatus and kanischer Vogelspinnen gebracht hat. Durch SON J.L. & O. C UELLAR (2000): A its epidemiological implications in Brazil. seine Revisionen der Gattungen Ceratogyrus Review of Parthenogenesis in Scorpions Revista Saúde Pública 36(5): 631-633 P O COCK , 1897, Pterinochilus P OCOCK , 1897 with a Description of Postembryonic VON EICKSTEDT V. R. D., RIBEIRO L. A., und Eucratoscelus POCOCK, 1898 sind nun die Development in Tityus metuendus CANDIDO D. M., A ALBUQUERQUE M. meisten Arten dieser Gattungen bestimm- (Scor piones, Buthidae) from Western J. & M. T. JORGE (1996): Evolution of bar. GALLON hat bisher drei neue Gattungen Amazonia. Zoologischer Anzeiger 239: 267- scorpionism by Tityus bahiensis (Perty) aufgestellt und zwei neue Arten beschrie- 276 and Tityus serrulatus Lutz and Mello ben. Er beschäftigt sich nicht nur mit Taxo- LOURENÇO W. R. & O. C UELLAR (1994): and geographical distribution of the two nomie und Systematik dieser interessanten Notes on the geography of parthenoge- species in the state of Sao Paulo,Brazil. Vogelspinnen, sondern züchtet auch regel- v.l.n.r.: Sjef van Overdijk, Thomas Ezendam, Dagmar Ezen- netic scorpions. Biogeographica 70(1): 19- Journal of Venomous Animals and Toxins mäßig Vogelspinnen nach, wie z.B. die erste dam, Richard Gallon 23 2(2): 92-105 reine Terrariennachzucht von Eucratoscelus LOURENÇO W. R. & O. C UELLAR (1995): pachypus S CHMIDT & VON W IRTH , 1990 Gruppe, die momentan aus THOMAS EZEN- Scorpions, scorpionism, life history stra- Adresse des Autors: (Farbtafel Abb. 18 bis 20). Das Männchen DAM , S JEF VAN OVERDIJK und R ICHARD tegies and parthenogenesis. Journal of Alexander Tietz von Eucratoscelus pachypus (Farbtafel Abb. 19) G AL LON besteht und welche arachnologi- Venomous Animals and Toxins 1: 51-62 Werstener Dorfstr. 197 wurde ebenfalls erstmalig von GALLON be- sche Feldforschungen in Südafrika betreibt, LOURENÇO W. R. & O. CUELLAR (1999): A 40591 Düsseldorf schrieben. RICHARD G ALLON arbeitet mo - wozu die UASG bisher als einzige derartige 16 17
  • 10. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 Organisation die staatliche Erlaubnis erhal- lich zu essen, außerdem brachte er mir ein britannien verbrachte ich in Wales. Ich be- gen, dass das Gift der Vogelspinnen sehr ten hat. G ALLON ist hierbei der wissen- wenig Zulu bei. Einen Hausjungen zu haben trachte mich weder als walisisch noch als giftig ist und zum Tod führen kann, aber die schaftliche Beirat und für die Untersuchung mag sich in Europa sehr eigenartig anhören, Südafrikaner, aber da meine Eltern beide aus meisten sehen das nicht so. Vielen Afrika- der Tiere und die Auswertung der gesam- aber in Südafrika ist es üblich eine Haus- England kommen, fühle ich mich mehr dazu nern graut es vor Schlangen und Cha mä - melten Daten zuständig. Desweiteren ist haltshilfe oder einen Gärtner zu haben. verbunden, auch wenn ich kaum dort gelebt leons. Sie töten jede Schlange die ihnen RICHARD GALLON Hauptschriftleiter des Bri- habe. Außerdem habe ich einen britischen unter die Augen kommt, und einige glauben, tish Tarantula Society Journal, der Vereinszeit- K.F.: Warum bist Du später nach England umge- Pass. dass Chamäleons giftig sind und den Teufel schrift der britischen Vogelspinnenvereini- zogen? repräsentieren. Als ich ein Jahr in Marokko gung. R.G.: Meine Eltern waren der Meinung, K.F.: Du bist dafür bekannt, dass Du Dich vor lebte, fand ich Gefallen daran mit Chamäle- dass es besser wäre zurück nach England zu allem mit afrikanischen Vogelspinnen beschäftigst. ons in der Öffentlichkeit umherzuhantieren. K.F.: Deine Heimat ist Südafrika und Du ver- gehen. Die politische Situation in Südafrika Wo hat diese Leidenschaft ihren Ursprung? Gab es Die meisten Leute haben Angst vor brachtest die ersten fünf Jahre Deines Lebens dort. war ein großes Problem (Gefechte an der ein bestimmtes Schlüsselerlebnis? Spinnen, weil sie durch die negativen Reak- Welche Eindrücke verbindest Du mit diesen fünf Grenze von Namibia und Angola). Wenn R.G.: Ich mochte Spinnen schon von klein tionen ihrer Eltern beeinflusst werden. Kin- Jahren und welche Erlebnisse haben Dich beeinflus- wir in Südafrika geblieben wären, wäre ich in auf. Mein erstes Erlebnis mit Spinnen war, der sind nicht von Natur aus ängstlich ge- st? einigen Jahren von der Armee eingezogen dass ich mit der Hand ein Latrodectus sp. genüber Spinnen – sie beobachten die Reak- R.G.: Ich wurde in Middleburg, Transvaal worden. Meine Eltern hielten es für sicherer, Weibchen mit ihrem Kokon einfing. Ich tionen ihrer Eltern und übernehmen das (jetzt Mpumalanga) im Juli 1975 geboren wenn ich in Großbritannien aufwachse. fand sie in einem Betonrohr im Garten bei Verhalten. und zog 1979 nach Großbritannien um. In uns in Südafrika. Ich ließ das Glas mit der Südafrika haben die meisten Kinder keine K.F.: Welches Land hatte den meisten Einfluss auf Latrodectus sp. im Garten und ging zu meiner K.F.: Ist Dein Engagement bezüglich Spinnen nur Schuhe, und so lief auch ich den ganzen Tag Dich? Vermisst Du etwas in England? Fühlst Du Nachbarin um ihr von meinem neuen ein Hobby? Was machst Du beruflich? barfuß umher. Mein erstes Paar Schuhe be- Dich mehr an Südafrika oder an England gebun- »Haustier« zu berichten. Sie erklärte mir, ich R.G.: Mein Interesse an Spinnen ist mehr kam ich kurz bevor wir nach Großbritanni- den? solle das Tier wieder frei lassen, da es sehr ein Hobby, obwohl ich gelegentlich damit en zogen und ich erinnere mich daran, dass R.G.: Ich habe weniger als 5 Jahre in Eng- giftig ist. Als ich jedoch wieder nach Hause Geld verdiene, indem ich Spinnen, die in sie viele schmerzhafte Blasen an meinen land gelebt, während ich an der Universität kam, fand ich ein leeres Glas – mein Vater walisischen Naturschutzgebieten gesammelt Füßen verursachten. Das Leben in Südafrika in Manchester war. Die meiste Zeit in Groß- hatte sie freigelassen. Ich erinnere mich wurden, identifiziere. Ich habe keinen festen spielt sich viel im noch daran, dass ich danach weiter im Gras Job im Moment, aber ich verhandle mit dem Freien ab und so nach Kokons suchte. Wir hatten auch eine örtlichen Naturschutzamt. traf ich auch auf große Spinne (Familie Selenopidae) an den viele wirbellose Tie- Wänden in unserem Haus, ich nannte sie K.F.: Wie viele Spinnen hast Du im Moment? re in un serem Gar- »Sam«. Ich bin mir sicher, dass es mehr als Wir hörten, dass Du mit Museen zusammenarbei- ten. Ich hielt Rie- eine Spinne war, aber ich nahm an, dass es test – kannst Du uns etwas mehr darüber erzählen? sen-Tausendfüßer die selbe war. In Südafrika werden diese Welche Museen profitieren von Deiner Arbeit? (Diplododae spp.) Spinnen »Flatties« genannt. R.G.: Ich habe im Moment ca. 200 bis 300 in der Ga rage und Spinnen, aber die Zahl ändert sich ständig, sammelte Schwarze K.F.: Stimmt es, dass die Ureinwohner Angst vor vor allem wenn ich Nachzuchten habe. Ich Witwen (Latrodectus Vogelspinnen haben? Wenn ja, wo hat diese Angst leihe mir konservierte Exemplare afrikani- spp.) als Haustiere. ihren Ursprung? Wo liegen Deiner Meinung nach scher Theraphosiden von Museen aus der Wir hatten auch ei- die Ursachen dafür, dass Menschen allgemein Angst ganzen Welt (Südafrika, Zimbabwe, Kenia, nen afrikanischen vor Spinnen haben? Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbri- Haushaltshelfer. Er R.G.: Nein, in Uganda haben die meisten tannien) aus. Viele der Exemplare sind nicht lebte in der Garage. Menschen keine Angst vor Vogelspinnen. identifiziert und die Museen sind glücklich, Ich war es gewohnt Als ich dort war, sah ich nur einen Urein- dass ich daran arbeite und den Tieren Be - v.l.n.r.: Thomas Ezendam, Dagmar Ezendam, unbekannte Frau, Richard Gallon (mit Hut), Sjef mit ihm gelegent- van Overdijk wohner der wirklich Angst hatte. Einige sa- zeichnungen zuordne. In Südafrika sind alle 18 19
  • 11. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 kürzlich publiziert großen The raphosiden vom Ge setz ge - theraphosids at Internationale Vogelspin- Buchrezension: LEEMING, J. (2003): Scorpions of Sou- schützt. Ich erhielt die Genehmigung, Tiere sammeln zu dürfen und der Na tur schutz nenbörse in Kornwestheim (Germany) at the end of October this year. thern Africa. Struik Publishers, Kapstadt. 88 Seiten. gewinnt dazu wichtige Informationen von Preis: 15,50 EUR mir. LITERATUR von Boris Striffler K.F.: Gibt es ein bestimmtes Ziel, das Du mit GALLON, R. C. (1999): Appendage defor- Deiner Arbeit erreichen möchtest? mity in an African theraphosid spider: Um es vorwegzunehmen: eines der besten Auch mit so bekannten Mythen, wie R.G.: Ich würde gerne die Etappe erreichen, Coelogenium pillansi Purcell, 1902. und empfehlenswertesten Bücher über Skor- dem Selbstmord begehenden Skorpion im in der alle afrikanischen Theraphosiden bis Newsl. Br. arachnol. Soc. 85: 8. pione. Wer die übrigen Naturführer aus dem Feuerkreis, wird aufgeräumt. auf Artebene bestimmt werden können. Im G ALLON , R. C. (2001): Revision of the Hause Struik kennt (Snakes and other Repti- Lediglich der Stammbaum der Chelice- Mo ment können die meisten Arten nicht Ceratogyrus spp. formerly included in les of Southern Africa, Mammals of Sou- rata ist trotz des sehr ansprechenden De - sicher bestimmt werden, und deswegen wer- Coelogenium (Araneae: Theraphosidae, thern Africa), wird auch signs auf etwas veralteten den dringend detaillierte Untersuchungen Harpactirinae). Mygalomorph 2(1): 1-20. von diesem Buch nicht Annahmen nach S HULTZ benötigt um diesen Punkt zu erreichen. Ich G ALLON , R. C. (2002): Revision of the enttäuscht sein, mehr (SHULTZ 1990) aufgebaut. bin dabei, ein Buch über die Taxonomie der African genera Pterinochilus and Eucra- noch, endlich ein Buch, Daneben werden die Bo - afrikanischen Vogelspinnen zu verfassen (im toscelus (Araneae, Theraphosidae, Har- dass von den Erfahrungen thriuridae durchgehend als Auftrag von Fitzgerald Publishing um das pactirinae) with description of two new eines wirklichen Kenners Bothuridae bezeichnet. Buch »Baboon Spiders« von A. SCHMITH zu genera. Bull. Br. Arachnol. Soc. 12(5): 201- der Skor pione des südli- Die erstklassigen Bil- ersetzen). Ich vermute, dass es noch ca. fünf 232. chen Afrikas profitiert. der zeigen fast alle Skor- Jahre dauern wird dieses Buch fertig zu stel- GALLON, R. C. (2003): A new African arbo- Manch einer mag die- pione des südlichen Afri- len, aber auch dann bezweifle ich, dass die real genus and species of theraphosid ses Buch vom Äu ßeren kas; so findet man alle im Taxonomie vollständig ist. spider (Araneae, Theraphosidae, Stroma- und dem Umfang her (nur Zoohandel erhältlichen topelminae) which lacks spermathecae. 88 Seiten) für ein weiteres Arten in Bild und mit K.F.: Wie oft bist Du in Südafrika? Wie sieht Bull. Br. Arachnol. Soc. 12(9): 405-411. Einsteigerbuch halten, so Informationen zur Ver- Deine Arbeit dort aus? G ALLON , R. C. (2004): Captive breeding wird man schon nach den breitung und zu Lebens- R.G.: Im letzten Jahr war ich zum ersten Eucratoscelus pachypus. British Tarantula ersten erstklassigen Fotos raum und Lebensweise. Mal wieder in Südafrika seit ich das Land Society Journal 19(3): 78-81. und der sehr ansprechen- Der Artenteil ist nach verlassen habe. Ich blieb für einen Monat G ALLON , R. C. (2004): Trichognathella, den Gestaltung und Schreibweise spätestens Gattungen untergliedert und beginnt mit dort und verbrachte meine Zeit mit Feldstu- replacement name for the genus Tricho- bei der Übersichtskarte mit Skorpion-»Hots- einer kurzen Einführung zu Lebensweise, dien über afrikanische Theraphosiden. Ich gnatha Gallon, 2002 (Araneae, Thera- pots« im südlichen Afrika eines Besseren typischem Vorkommen (Felsbewohner, trat die Reise zusammen mit THOMAS EZEN- phosidae, Harpactirinae). Bull. Br. Arach- belehrt sein. Sandbewohner, etc.) und der Giftwirkung. DAM und SJEF VAN OVERDIJK an, außerdem nol. Soc. 13(2): 62. Neben den heutigen oder rezenten Skor- Daran schließen sich dann die kurzen, aber be kam ich eine kleine Subvention von der S MITH , A. M. (1990): Baboon Spiders, pionen werden auch zwei bisher unbeschrie- sehr informativen, Artenportraits an. Sie BTS (British Tarantula Society), die meine Tarantulas of Africa and the Middle bene, im Naturkundemuseum Berlin vor- beinhalten neben der Größenangabe zu Arbeit unterstützte. East. Fitzgerald Publishing, London. handene, fossile Exemplare aus der Santana- jeder Art wichtige Informationen zur Varia- Formation gezeigt und eine Einführung zu bilität, wie z.B. bei Hadogenes troglodytes, der SUMMARY Adresse der Autoren: dem erdgeschichtlichen Auftreten gegeben. von schwarz im Süden des Verbreitungsge- Timo Raab & Kirstin Finke Die Erklärungen zu den wissenschaftli- bietes bis zu braun mit gel ben Beinen im RICHARD GALLON is introduced and inter- Dr.-Kornmesser-Str. 42 chen Namen sind sehr verständlich darge- Süden Mozambiques variiert. Ebenso ent- viewed by TIMO RAAB and KRISTIN FINKE. 64739 Höchst legt, nur die Verwendung der Klammer um halten die kurzen Artbeschreibung wichtige RICHARD will give a lecture concerning den Namen des Autors wird nicht korrekt Hinweise zur Lebensweise. So baut Opistoph- taxonomy and natural history of african dargestellt. thal mus macer in kurzen Wohnröhren unter 20 21
  • 12. ARACHNE 9(5), 2004 ARACHNE 9(5), 2004 kürzlich publiziert Vereine informieren Steinen im Fynbos der Kapregion, O. wahl- auch umfangreiche Information zu Lebens- Der Vogelspinnen- und Reptilienstammtisch Mainz bergi aus Namibia dagegen lebt in bis zu 1 m raum, Giftigkeit und Bestimmung bietet. Es langen Röhren in den Sanddünen der Na - ist also nicht nur als Naturführer für das geht an die Öffentlichkeit mib-Wüste. Hervorzuheben ist auch, dass südliche Afrika sondern auch für den Halter von Klaus Straka die meisten Skorpione direkt im Habitat fo- südafrikanischer Skorpione ein Muss. tografiert wurden, so sieht man den natürli- chen Untergrund (Sand, Fels, lehmige Erde SUMMARY Nachdem unsere 1. Vogelspinnenbörse 2. Was sind Vogelspinnen (Unterschied etc.). über raschend gut verlief, wurden wir er - Spinnen/Insekten anhand von Schau- Ebenfalls erwähnenswert sind die Be - To say it right away, one of the best books muntert auf diesem Weg weiterzumachen. bildern auf Folien); wie kamen die stimmungstabelle auf Gattungsebene an - on scorpions. Not too surprising, as Struik Eine unserer selbstgestellten Aufgaben und Vogelspinnen zu ihrem Namen hand von Stachel und Scheren, genauso wie publishers are producing excellent field gui- ein für die nahe Zukunft gestecktes Ziel ist 3. Äußere Anatomie die Übersichtstafel über die Skorpione Süd- des to the flora and fauna (e.g. Trees & die Information einer breiteren Öffentlich- 4. Innere Anatomie afrikas (mit Verbreitung, Habitat und Giftig- shrubs, carnivorous & parasitic plants, Sna- keit. Wir haben vor, diese Informationen in 5. Verhalten und Fortpflanzung der keit). kes & Reptiles, Mammals). The book is writ- Form von Vorträgen oder Workshops wei- Vogelspinnen Auch die Giftskala ist sehr hilfreich, sie ten by the well-known scorpion-expert terzugeben. Einen Anfang haben wir bereits 6. Haltung und Pflege wird von 1 (schwach) bis 10 (sehr stark) JONATHAN LEEMING, whose excellent pictu- im Juli 2004 gemacht. 7. Artenschutz und Arterhaltung durch unterteilt. So wird dann ein Bienen-/Wes- res cover nearly all known scorpion species Wir wurden von der dght-Stadtgruppe gezielte und gesunde Nachzucht penstich bei ca. 4 bzw. 5 eingeordnet, was of Southern Africa. Furthermore a lot of Büdingen eingeladen, einen möglichst allge- 8. Tier- und Naturschutz aus Sicht des der Stärke eines Opistophthalmus Stiches ent- habitat pictures together with a very reada- meinverständlichen Kurzvortrag über unser Gesetzgebers spricht. ble text illustrate the different adaptation of Hobby zu halten. Den Part des Vortrags 9. Demonstrationsobjekte und ansch- Besonders ansprechend und größtenteils rock-living species like Hadogenes or sand- hatte ich zugesagt und MATTHIAS ARNOLD ließende Diskussion selbsterklärend sind die vielen Zeichnungen dwelling species of the genera Opistophthal- übernahm dankenswerter Weise den Trans- zu verschiedenen Themen, wie den unter- mus and Parabuthus. But not only species and port von OHP und sonstigem Material. Der Verschiedene Zwischenfragen ließen den schiedlichen Formen der Tarsal (Fuß)Struk- their habitat are dealt with, also their biology Vortrag war für 20 Uhr vorgesehen. Vortrag länger als geplant ausfallen und wir tur, die bei Felsbewohnern kurze Dorne auf- and reproduction is explained, e.g. the ma- Nach ca. einer Stunde Anfahrt wurden waren überrascht über das Interesse und die weist, Sandbewohner dort dagegen lange ting and sexual sting of Hadogenes. Notewor- wir herzlich begrüßt, dann traten die ersten anschließende Resonanz. Besonders ange- Haare tragen. thy are besides a map of scorpion hotspots Schwierigkeiten auf. Für den Abend hatte regt wurde diskutiert, als wir Exkuvien und Das Kapitel zur Paarung und Reproduk- as well as a table of scorpion toxicity. der Wirt des Vereinslokals keinen geeigneten Jungspinnen als Schauobjekte durch die Rei- tion lässt ebenso keine Wünsche offen. Ne- All in all this books is a must for scorpi- Raum reserviert. Es wurde lange hin und hen reichten. Auch der Leiter der Stadtgrup- ben detaillierter und vergleichender Be - on keepers of Southern African species. her überlegt, ob man improvisieren oder pe zeigte sich erfreut über die Beteiligung schreibung der Balz und Paarung erfährt der den Abend verschieben sollte. Gegen und das Interesse. Für uns war es ein weite- Leser auch solche Besonderheiten, wie den LITERATUR 21 Uhr wurde dann doch noch ein Kompro- rer Ansporn unsere Öffentlichkeitsarbeit »Sexual Sting« (~ »Paarungsstich«) bei Hado- miss gefunden und der Vortrag (geplant 40 voranzutreiben. genes. Aus diesem Grunde haben fast alle S HULTZ , J. W. (1990): Evolutionary mor- Minuten) konnte – nach einem guten Neben diversen Pressemeldungen haben Männchen von Hadogenes einen extrem lan- phology and phylogeny of Arachnida. Abendessen – beginnen. Trotz Improvisati- wir einen Vortrag für Haupt- und Realschu- gen Schwanz, da sie das Weibchen während Cladistics 6: 1-38. on klappte der Vortrag per OHP-Folien, len vorbereitet und die hiesigen Schulen an- der Paarung stechen (müssen). wenn auch die Projektionsfläche nicht gera- geschrieben. Durch die Sommerferienzeit Adresse des Rezensenten: de ideal war. haben wir jedoch noch keine Rückmeldun- FAZIT Dipl. Biol. Boris F. Striffler gen erhalten. Zoologisches Forschungsinstitut und Den Vortrag hatte ich wie folgt gegliedert: Vom 1. bis 10. Oktober werden wir auf Insgesamt also ein sehr empfehlenswertes Museum A. Koenig 1. Kurze Einleitung; wie kam ich zu den der Aquarienausstellung des »Aquarienver- Buch über die Skorpione des südlichen Afri- Adenauerallee 160 Vogelspinnen (Hinweis auf meine eins Nidderau« mit einem Informationstisch kas, welches neben erstklassigen Bildern 53113 Bonn überwundene Spinnenphobie) und diversen Schauterrarien vertreten sein. 22 23